Was ist eigentlich Permakultur? Im Oktober habe ich das Permakultur-Fernstudium begonnen und versuche mich mindestens seit diesem Zeitpunkt dieser Frage anzunähern, vor allem, weil ich sie seitdem ständig in Small-Talk-Situation zu Ohren bekomme: „Und, was machst du jetzt so?“ [… ] „Ach, klingt ja spannend! Und was ist das?!“ Hm, good question…
Momentan habe ich einen dicken Schmöker, „The Earth Care Manual“ von Patrick Whitefield, als Lektüre. Schon nach einigen Seiten habe ich so viel Input, den ich gerne mit euch teilen möchte.
Was ist Permakultur?
Für Permakultur haben verschiedene Menschen unterschiedliche Definitionen, weshalb es für mich jedes Mal schwierig ist, die so oft aufkommende Frage zu beantworten. Ich hoffe, irgendwann vielleicht mal meine eigene, individuelle Definition als Antwort geben zu können… ;)
Die Interpretationen sind je nach Designer*in sehr unterschiedlich. Im „Earth Care Manual“ schreibt Patrick Whitefield:
„At root it means taking natural ecosystems as the model for our own human habitats“.
Patrick Whitefield vergleicht anschaulich ein Waldgebiet, ein natürliches Ökosystem, mit einem Weizenfeld. Im Wald gibt es dadurch eine viel größere Biomasse, dass es Bäume, Sträucher, Stauden sowie Kletterpflanzen gibt. Dahin gegen bestehen die meisten Weizenfelder aus nur einer Pflanzenart. Ein Waldgebiet braucht außerdem keine fremd zuzuführenden Ressourcen, nur Sonnenschein, Regen und den Boden. Das Weizenfeld hingegen muss jährlich gepflügt, ausgesät, gedüngt und gejätet werden. Auf diese Art und Weise wird der Boden ausgelaugt. Ein Waldgebiet liefert proportional sehr wenig menschliche Nahrung, wohingegen vom Weizenfeld ungefähr die Hälfte der Biomasse essbares Getreide ist – außerdem ist darüber hinaus auch noch das Stroh verwertbar.
Patrick Whitefield konkludiert:
„How happy we would be if we could create systems which combine the yield and self-reliance of the wildwood with the highly edible nature of the wheat field“.
Dieser Gedanke sei eine Inspiration für die Permakultur gewesen: Denn genau diese Kombination wurde mit dem Waldgarten ausprobiert. Ein Waldgarten ist eine direkte Imitation eines natürlichen Waldgebietes, in welchem die wild wachsenden Pflanzen durch essbare Früchte und Gemüsesorten ausgetauscht werden.
In der Permakultur ist also vor allem die Frage nach dem Design/ dem Entwurf wichtig. Das Ziel in der Permakultur sei es, nach Whitefield, den größtmöglichen Aufwand in den anfänglichen Entwurf eines Systems zu stecken, um sich unnötige Mühen zu sparen, wenn das System erst mal am Laufen ist. Die Wirkungsweise mit Permakultur kann also in etwa so beschrieben werden: Sich sorgfältig Gedanken machen, gefolgt von einem Minimalaufwand an Handlungen, anstatt eine hastig durchgeführte Maßnahme längerfristig zu bereuen.
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Was lässt natürliche Ökosysteme funktionieren?
Dass ein Ökosystem funktioniert, ist nicht nur der großen Anzahl an Spezies zu verdanken, sondern vor allem der Diversität nützlicher Beziehungen zwischen den Pflanzen, Tieren und Mikroorganismen. Die eine Spezies stellt beispielsweise Schutz für andere Spezies zur Verfügung, während eine andere Stickstoff liefert und so weiter. Patrick Whitefield merkt dazu anschaulich an:
„You could collect together a thousand randomly assorted species of plants and animals and put them down in one place but you wouldn’t get an ecosystem. You’d get a mess“.
Es sind also nicht nur die Bestandteile, die das Funktionieren ausmachen, sondern vor allem das Netzwerken, welches die verschiedenen Bestandteile miteinander verknüpft.
Dieses Prinzip kann angewendet werden, um jegliche, von Menschen geschaffenen Lebensräume effizient und nachhaltig zu gestalten. Aus der Idee und Motivation, Gärten und die Landwirtschaft neu und nachhaltiger zu denken, ist also ein Design-Konzept entstanden, welches auf viele weitere Bereiche angewendet werden kann.
Ein kurzer Einblick in die Geschichte der Permakultur
Permakultur – oder etwas sehr Ähnliches – wurde jahrtausendelang in verschiedenen Gebieten der Erde praktiziert und wird es auch heute noch von Menschen, die vielleicht noch nie das Wort „Permakultur“ gehört haben.
Den Begriff „Permakultur“ haben letztlich zwei Australier, Bill Mollison und David Holmgren, in den 1970er Jahren geprägt. In ihrem „Permaculture One“ schreiben sie:
„We jointly evolved the system in the first place as an attempt to improve extant agricultural practices […]. The former system is energy-expensive, mechanistic and destructive of soil structure and quality“.
Bill Mollison und David Holmgren wollten also vor allem einen Gegenentwurf zum vorherrschenden, industriellen Agrarsystem entwickeln. Denn schon in den 70er Jahren beobachteten sie, dass der Einsatz von Monokulturen und Pestiziden Böden und Wasser verschmutzen sowie die Biodiversität reduzieren.
Wie in Mollisons und Holmgrens „Permaculture One“ geschrieben wird, ist der ursprüngliche Schwerpunkt der Permakultur, direkte Imitationen natürlicher Ökosysteme nachzubauen. Patrick Whitefield nennt dies „original permaculture“. Gärten oder Landwirtschaftsbetriebe, welche sich an der „original permaculture“ orientieren, sehen also meist aus, wie ein natürliches Ökosystem: Der Boden ist nicht gepflügt, immer bedeckt und der Großteil der Pflanzen ist mehrjährig. Das klassische Beispiel hierfür ist der Waldgarten.
In den 1990ern wurde die Permakultur dann von Bill Mollison und Reny Slay in der „Introduction to Permaculture“ nochmal ein bisschen umdefiniert: Permakultur ist
„a design system for creating sustainable human environments.“
Das Wort Permakultur sei nicht nur eine Zusammensetzung aus den Worten „permanent“ und „agriculture“, sondern auch aus „permanent“ und „culture“.
Die Permakultur als Design-Konzept kann also auf einige weitere Bereiche, als „nur“ Lebensmittelanbau übertragen werden, beispielsweise: Gebäude, Siedlungsplanung sowie Gemeinschaftsbildung und entwickelt sich ständig auf verschiedene Weise in unterschiedlichen Bereichen weiter. Somit lässt sich das Konzept, das anfänglich als Umdenken in der Landwirtschaft gedacht war, auf nahezu alle menschliche Lebensräume übertragen, um diese nachhaltig und effizient zu gestalten.
… Und was ist die Quintessenz?
Egal wo und in welchem Bereich: Im Grunde geht es in der Permakultur darum, nachhaltiger zu leben. Das beinhaltet nicht nur die Frage nach unserer Ernährung und unserem Wohnstil, sondern es geht um einen ganzheitlichen Lebensstil bezüglich Transport, Energieverbrauch, Wasserressourcen, Müllreduktion und so weiter.
Dabei heißt nachhaltig leben, nicht Verzicht, sondern Suffizienz, Subsistenz und Lebensfreude! Was brauche ich, um gut zu leben? Was ist schon vorhanden und was lässt sich daraus zaubern? Beim tag der utopie von unserem Netzwerk living utopia beispielsweise gab es Smoothies nur durch Muskelkraft mit einem Fahrradmixer!
Um nachhaltiger zu leben, stellt sich natürlich zunächst die Frage nach den globalen gesellschaftspolitischen und landwirtschaftlichen Missständen, die dazu führen, dass wir uns nach Alternativen umschauen sollten. Denn eins ist klar: So wie wir jetzt leben, können wir nicht weiter machen. Das zeigen anschaulich Messinstrumente wie der ökologische Fußabdruck, das virtuelle Wasser und die graue Energie. Auch der Earth Overshoot Day sollte Warnsignal genug sein.
Basierend auf den Beobachtungen verschiedener Missstände und Krisen, möchte die Permakultur Alternativen aufzeigen. Die Devise hierbei ist: Sei nicht Teil des Problems, sondern Teil der Lösung! Es geht darum, zu beobachten, auszuprobieren, einfach los zulegen und damit den eigenen ökologischen Impact in positive Auswirkungen zu wandeln.
Die Idee der Permakultur beinhaltet natürlich mehr als „nur“ die Definition der nachhaltigen Lebensräume, die selbsterhaltend und resilient ähnlich eines Ökosystems, sind. Es gibt die Permakultur-Ethik sowie verschiedene Permakultur-Prinzipien, die ebenfalls je nach Designer*in mehr oder weniger voneinander abweichen. Über all dies werde ich in folgenden Artikeln berichten. :)
Und du?
Hast auch du schon Erfahrungen mit Permakultur gemacht? Was verstehst du unter Permakultur? Wenn du magst, teile doch deine Ideen und Erfahrungen in Form von Kommentaren!
Hallo ihr Menschen!
Ich bin gerade auf der Suche nach kostengünstigeren Permakultur Kursen. Wie ist denn mittlerweile da der Stand? Im Internet habe ich leider nicht wirklich Alternativen zu den „Standard Kursen“ gefunden…
Viele liebe Grüße!
Die Kernfrage dieses Artikels „Was ist eigentlich Permakultur?“ frage ich mich nun auch schon seit einiger Zeit, habe aber auch nach dem Lesen dieses Artikels keine echte Antwort darauf.
Der Begriff begegnet einem ja derzeit sehr häufig, allerdings doch meist in recht schwammiger Form, und oft auch mit (zumindest für mich) ärgerlicherweise leicht esoterischem und pseudowissenschaftlichem Anklang.
Was am Ende an greifbaren Fakten und Ideen bleibt sind Methoden wie Mischkulturen, Fruchtfolgen, natürlicher Düngung (Komposthaufen) und natürlich an den Standort angepasste Pflanzen.
Aber mal ehrlich: Das ist ja nun genau das, was mein Opa und sicher die meisten anderen Hobbygärtner schon seit Jahrzehnten tun. Schlicht und einfach das Einmaleins des Nutzgartens.
Aber vermutlich verkauft sich das Kind unter einem neuen Namen einfach besser. Gartenkurse an der VHS zumindest gibt es zu einem Bruchteil von PCD Kursen.
Oder gibt es doch einen genialen Punkt, den ich bisher einfach nicht gesehen habe?
Von daher bin ich diesem Begriff und dem Hype darum eher skeptisch eingestellt. Obwohl ich es auf meinem kleinen Gemüsebeet vielleicht sogar selbst mache, wer weiß…
Hej Reinsch, danke für deine Gedanken!
Der Begriff „Permakultur“ ist denke ich auch sehr schwammig und bedeutet – wie im Artikel schon erwähnt – für jede*n irgendwie etwas anderes.
Für mich geht es nicht darum, Permakultur als solches komplett zu befürworten, sondern zu versuchen, mich ihr anzunähern und mein eigenes Vertsändnis mit einzubauen.
Du hast auf jeden Fall recht, dass die Permakultur nicht unbedingt neue gärtnerische Ansätze liefert, sondern diese eher zusammen führt. Es geht nicht darum, Lösungen zu präsentieren, sondern Menschen dazu zu bringen, je nach Situation zu beobachten und zu schauen, wie sie am nachhaltigsten und sinnvollsten agieren könnten. Permakultur ist vor allem auch ein Planungs- und Gestaltungsinstrument.
Für mich hat das nichts mit „esoterischen“ Konzepten zu tun. Aber da sucht sicherlich jede*r auch den eigenen Weg: Die einen gehen alles ein bisschen spiritueller an, die anderen emotional, die nächsten wissenschaftlich. Dadurch, dass Permakultur so verschieden ist, lässt sich auch nicht sagen: Die Permakultur ist esoterisch.
Für mich persönlich geht es darum, zu einem ganz neuen Mitwelt-Verständnis zu kommen, denn meiner Meinung nach können wir nur dann nachhaltig leben – darauf gehe ich im nächsten Artikel näher ein. Deswegen geht es mir auch um einen Perspektivwechsel, durch den wir nicht mehr einteilen in omnipotenter Mensch, der von „Nutztieren“ und „Nutzpflanzen“ umgeben ist.
Das ist ja erst der erste Artikel in der Reihe zu Permakultur, weswegen es wahrscheinlich auch schwierig ist, die Frage „Was ist Permakultur?“ schon jetzt vollständig zu beantworten. Aber dafür gibt’s ja weitere Artikel. Dabei ist noch wichtig: Da wird immer einiges von meinen eigenen Gedanken und Vorstellungen einfließen und somit lässt sich von der Artikel-Serie nicht komplett ableiten, was DIE Permakultur eigentlich ist. Aber genau das sagt vielleicht auch schon eine Menge aus… ;)
Hm bei allem was ich bisher darüber gelesen habe wird nicht damit hinter dem Berg gehalten, das Permakultur an sich nur die Anpassung sehr alter Nutzgartenkonzepte vor allem aus dem asiatischen und südamerikanischem Raum an heutiges Wissen und andere Klimagebiete ist.
Tatsächlich geht es meist um das nutzen natürlicher Gegebenheiten. Ist aber schon etwas mehr als Fruchtfolgen und Mischkulturen. Ich würds am ehesten mit Natürlicher umschreiben wollen.
So hab ich das zumindest aus dem was ich gelesen hab gezogen.
Mein allgemeiner Kritikpunkt wäre folgender: PK erscheint mir (noch) nicht konkret genug, was ihr meiner Ansicht nach einen entscheidenden Nachteil v.a. gegenüber der konventionellen LW einbringt. Natürlich ist es schwierig in einem so komplexen Bereich wie der LW (und v.a. von der von der PK geforderten!) Patentrezepte zu verlangen, aber die konventionelle bietet diese (pflügen, an dem Datum säen, dann der Dünger, das Spritzmittel, und es funktioniert relativ sicher). Weiß auch nicht, vielleicht macht sie das (v.a. in der öffentlichen Meinung) dadurch glaubwürdiger…
Liebe Pia, Du schreibst: „da ich mich mit der Umsetzung gärtnerischer Permakultur noch kaum befasst habe“. Ich denke also hier liegt der Hase im Pfeffer :-). Kompost-Toilette habe ich gemacht, auch drinnen, Schornstein übers Haus gezogen, riecht nicht, funktioniert und ist sinnvoll! Gewächshaus am Haus – leuchtet mir ein, also Dachverlängerung, Glas drauf (*schwitz*), und von diesem „System“ profitieren. Aber gartenbaulich bitte ich noch um Aufklärung :-) (bitte sorry wenn ich zu offensiv rüberkomme!)
Liebe Grüße
Lieber Eduard,
super, dass du schon so viele Außenbau-Sachen ausprobiert hast und auch sogar Komposttoiletten innen! Wow. Klingt spannend und ich mag da unebdingt auch noch viele Erfahrungen sammeln.
Momentan nähere ich mich der Permakultur eher noch theoretisch an, indem ich dieses riesen Buch lese und mir meine Gedanken dazu mache – irgendwo muss mensch ja anfangen! ;) Und ich fange an, die Projekte und Aktionen, die ich organisiere, mit Permakultur-Methoden zu planen und zu evaluieren.
Wie ich es bis jetzt verstanden habe, möchte die Permakultur auch nicht ganz konkrete Lösungskonzepte präsentieren, sondern die Menschen dazu anregen, zu beobacheten und je nach Situation so zu handeln, wie es am besten passt. Deswegen gibt es auch nichts vorgefertigtes wie: Säen, Düngen, Spritzmittel.
Die Permakultur möchte vor allem viele nachhaltige Ansätze zusammen führen, denn neu sind diese ganzen Methoden ja nicht ;)
Ich vermute, dass es im gärtnerischen Konzept dann aber trotzdem etwas konkreter wird. Nur wie gesagt: Da kenne ich mich leider noch nicht aus… ! ;) Aber dann bald vielleicht.
Danke auf jeden Fall für deinen Kommentar, auch wenn ich dir vermutlich wenig weiter helfen konnte. Allerdings helfen solche Kommentare mir, weiter zu reflektieren und sie vielleicht irgenwann für mich zu beantworten… ;)
Permakultur kann durchaus auch zur Versorgung dienen. Wenn man davon ausgeht dass 50% der landwirtschaftlichen Produkte der Welt auf Betrieben unter 2ha produziert werden sieht man, dass Kleinbetriebe was leisten können. Und 500kg eines Produktes sind nicht unbedingt Ziel eines Permakulturisten.
Außerdem geht Permakultur ja viel weiter als nur die landwirtschaftliche Produktion.
Da gehört ja auch Ethik, Energieverbrauch und Ressourcenverbrauch dazu.
Auch wenns Englisch ist eine für mich wichtige Quintessenz:
Permaculture is revolution disguised as organic gardening.
Die Permakultur soll ja auch die Loslösungvon unserem komerziellen System bewirken.
Liebe Grüße
Werner
Hallo,
ich habe beruflich viel mit „kommerzieller“ Landwirtschaft zu tun und beschäftige mich privat als kleinlandwirt und Selbstversorger. Deshalb interessiert mich dieses Spannungsfeld schon lange sehr. Ich habe Permakultur in meiner landwirtschaftlichen Ausbildung als ein landwirtschaftliches Produktionssystem vorgestellt bekommen, dass mit möglichst wenigen Eingriffen dauerhaft (deshalb „perma“) Erträge bringt (also ohne alljährliches Pflügen, Eggen säen,…). Ich empfand die Permakultursysteme die ich kennengelernt und besucht habe immer als eher unbefriedigend, weil sie meines Erachtens nicht auf die Probleme unseres lanwirtschaftlichen Systems eingehen und eigentlich keine Lösung für größere Landwirte bieten, die nicht nur für die eigene Familie produzieren, sondern für die Versorgung jener Bevölkerungsteile, die nicht die Möglichkeit haben selbst Flächen zu bewirtschaften. Größere Permakulturbetriebe die ich auf diversen Exkursionen kennenlernen durfte lebten meißt von den Eintritten der zahlreichen Besucher, nicht von den Erträgen der Kulturpflanzen, was ich immer eher als „Beschiss“(man verzeihe mir den Ausdruck) empfand, da oft argumentiert wurde, dass Permakultur die Lösung aller landwirtschaftlicher Probleme ist, weil ja alles so gut wächst. Schon, aber versuch mal, regelmäßig z.B. 500kg Kürbisse oder anderes Gemüse für die Versorgung anderer Menschen aus diesen teilweise dschungelartigen Produktionssystemen abzutransportieren….
Kann Permakultur als Versorgungssystem für große Teile der Bevölkerung funktionieren? Wie müssten wir da umdenken? Wie könnte solch ein Betrieb aussehen? Welche Ressourcen (z.B. viele händisch arbeitende Menschen,…)bräuchten wir dazu und wie könnten diese bereitgestellt werden? Ich lade Alle ein, einen kurzen Gedanklichen Abstecher von „wie versorge ICH MICH selbst“ zum „wie können WIR und im größeren Stil selbst versorgen“ machen, und über Permakultur in größeren Einheiten zu diskutieren.
LG
Hej lieber Michael,
danke dir sehr für deine Gedanken und Kritik.
Leider kann ich selbst da nicht adäquat drauf antworten, da ich mich mit der Umsetzung gärtnerischer Permakultur noch kaum befasst habe. Finde deinen Einwand aber sehr spannend und vielleicht kann darauf ja jemensch anderes ihre*seine Mainung äußern! :)
Der erste Gedanke, der mir dazu kam war:
Ich vermute, die Permakultur-Bewegung möchte wegkommen von der Bewirtschaftung riesiger Flächen, sondern eher dezentral als Versorgung einiger Menschen dienen – so wie es mit einigen SoLaWis (Solidarische Landwirtschaft) auch schon umgesetzt wird.
Wer noch weitere Gedanken dazu hat, teilt sie doch gerne mit uns! ;)
Das ist tatsächlich eine Sache die mir auch bereits aufgefallen ist. Ich hab nun nur 2 Bücher dazu gelesen, da für meinen Garten so großes Hintergrundwissen nicht nötig ist. Aber auch Holzer unterschlägt großteils wie damit gewirtschaftet wird. Da er anscheinend mit seiner Familie einige Zeit davon gelebt hat scheint es ja in Grundzügen zu klappen. Wenn die 50 Hektar die er bewirtschatet allerdings nur für die Lebenshaltung seiner Familie ausreichen, dann ist das kein tragfähiges Konzept.
Ein ordentlicher Teil der Weltbevölkerung lebt in Städten, was auch wohl sinnvoll ist. Aber dort kann man eben nur einen kleinen Teil der Nahrungsmittel produzieren. Es muss also Höfe geben die Überschüsse erwirtschaften.
Grade wenn man Landwirte davon überzeugen will entsprechend zu wirtschaften, dann müssen die einen Vorteil darin sehen.
Lieber Michael,
ich finde das eine total spannende Frage, die du da aufwirfst. Ich glaube auch, dass man hier nicht den Traum- und Zauber-Permakulturgarten nehmen kann und einfach verlangen, dass auch alle Bäuerinnen und Bauern darauf wechseln.
Aber die Prinzipien angewandt auf Landwirtschaft und in Kompromiss gebracht mit den wirtschaftlichen Notwendigkeiten einer Landwirtschaft – das finde ich spannend. Ebenso mit bioveganer Landwirtschaft.
Ich werde ab nächstem Jahr neben meiner Selbstversorgung meine Aktivität auf einen biologischen Feld- und Gartenbaubetrieb ausdehnen. Der läuft nach klassischer biologischer Bewirtschaftungsweise – aber ich darf hier Schritt für Schritt eine Umstellung vornehmen. Hier werde ich dann auch viel recherchieren, bestehende Betriebe besuchen, etc. Und wenn es von Interesse ist, auch darüber bloggen.
Würde mich freuen, wenn wir dazu auch im Austausch bleiben!
Alles Liebe,
Michael
Hallo Michael,
habe selbst eine landwirtschatliche Lehre gemacht, schon im Vergleich zur biologischen LW liegen da ja in der Tat Welten dazwischen… Um auf die Sicht der Permakultur einzugehen: das System soll ja nur so groß sein, dass man es unter Kontrolle behalten kann, d.h. mit Großlandwirtschaft ist wohl laut PK kein natürliches und damit nachhaltiges Konzept realisierbar. Es ist so gedacht, dass jeder ein bisschen was tut – Du schreibst „…sondern für die Versorgung jener Bevölkerungsteile, die nicht die Möglichkeit haben selbst Flächen zu bewirtschaften“. Als Einspruch werden hier oft die „nutzlosen“ Rasenflächen genannt, die wir im Westen als „Gärten“ bezeichnen. Hier gäbe es in der Tat ein verstecktes Potential. Keine Ahnung, aber aus PK-Sicht ist ein Großbauer wohl sowas wie ein landwirtschaftlicher Hausmeister, der in den Siedlungen die urbar gemachten Gärten als kleine Systeme bewirtschaftet. (?)
Ich würde es sehr begrüßen, da wir in Österreich leben und doch ganz schön viele, leider der englischen Sprache nicht mächtig sind, Beiträge in ausschließlich deutscher Sprache einzustellen!? ;-) :-)
Danke im Voraus!
Alles klar, ich werde mich bemühen… ;)
Lieber H.C.,
ist es dieses Mal in Ordnung so oder sollen wir nachträglich noch die Texte übersetzen und im Text ändern?
Alles Liebe,
Michael
Das geht natürlich auch gerne!
Hallo Michael!
Du musst jetzt nichts ändern, Aber für die Zukunft würde ich es schon begrüßen. Versuche einmal, manche Texte beim Google-Übersetzer einzugeben. Da kommen mitunter Resultate heraus wo man sich gleich einmal überhaupt nicht auskennt, was der Text wohl aussagen oder bedeuten soll.
LG. Hans
Lieber Hans,
verstehe ich gut. Im nächsten Artikel habe ich das englische Zitat auch schon übersetzt ;)
Tut mir leid, dass du diesem Artikel dann nicht so gut folgen konntest.
Alles Liebe,
pia
Das Buch von Patrick Whitefield wird gerade übersetzt, schaut mal:
http://www.permakultur-akademie.com/?page_id=1109
LG, Karin
Nur neugierig… Du schreibst Du hast ein „Fernstudium“ begonnen… Wie kann man Permakultur denn in der Ferne lernen? Auch auf der angegebenen Seite ist das „Fernstudium“ nur als Teilstudium aufgeführt. Lieg ich da richtig? lg Annett
Hej liebe Annett,
danke für deine Frage.
Das Fernstudium basiert auf Selbstorganisation und Freilernen.
Es hat eine spannende, neue und – wie ich finde – zukunftsfähige Struktur entwickelt: Als Student*in darfst du dir alle Inhalte frei auswählen und damit selbst entscheiden, in welchen Bereichen du dich weiter bilden möchtest.
Bücher und sonstige Lektüre kann frei gewählt werden, wobei es natürlich Empfehlungen gibt ;)
Fernstudium heißt außerdem, dass ich nicht tagtäglich von 8uhr morgens bis 17uhr abends an einer bestimmten Ort ausgebildet werde, sondern dass es eine Rahmenstruktur gibt wie: monatlich stattfindende Telefonkonferenzen mit Mitstudent*innnen, Tutorien mit den Tutor*innen, Vertiefungskurse in verschiedenen Bereichen, eine Bibliothek und so weiter…
Es gilt auf jeden Fall auch als „berufsbegleitendes“ Studium, wobei mensch selbst wählen kann, wie intensiv sich dem Studium gewidmet wird.
Konnte ich deine Fragen beantworten?
Falls nein, frag gerne nochmal nach ;)
Alles Liebe,
pia
Ein ganz wichtiges Modul des Fernstudiums habe ich vergessen: Es geht während der zwei Jahre vor allem darum, Projekte selbst zu designen und umzusetzen.
Hallo Pia,
ich hätte auch noch eine Frage zu deinem Fernstudium, wie vereinst du dieses mit (d)einer geldfreien Lebensgestaltung (das steht in der Info zu deiner Person hier auf der Seite)? Darf ich dich fragen, wie du an dem doch ziemlich teuren Permakultur Design Kurs teilgenommen hast, den das Studium voraussetzt? Bzw. denke ich, dass bestimmt während des Studium auch noch einige Kosten für Workshops, Seminare, Projekte, Bücher etc. aufkommen werden… Gibt es dort die Möglichkeit, mit freiwilliger Arbiet zu „bezahlen“?
Ich bin sehr an dieser Frage (und deiner Antwort ;) ) interessiert, da ich gerade selbst auf der Suche nach einer neuen, anderen Lebensgestaltung für mich bin und dein Artikel Interesse in mir geweckt hat. Als ich dann auf die Seite der Permakultur Akademie gegangen bin, mit dem Gedanken, dass dieses Selbst-/Fernstudium vielleicht auch etwas für mich sein könnte, musste ich bei den Preisen für die Seminare und Kurse doch ziemlich schlucken (obwohl ich weiß, dass solche Permakultur-Ausbildungen immer viel kosten).
Ich selbst verwende so wenig Geld wie möglich in meinem Leben, jedoch kann ich meine Lebensweise (noch) nicht geldfrei nennen und ich bin auch nicht bereit, so viel Geld für diese Ausbildung zu zahlen…
Ich bin gespannt, wie du das machst.
Liebe Grüße, Lisa
Hej Lisa,
danke dir für die Frage!
Ich habe lange hin- und herüberlegt, ob ich das Permakulturstudium machen möchte. Ein großer Grund dafür war, dass ich zu diesem Zeitpunkt schon ein Jahr geldfrei lebte und – wie du ja beschrieben hast – das Fernstudium nicht gerade günstig ist!
Als ich mich entschied, geldfrei zu leben, war das aus innerer Motivation und nciht, weil ich kein Geld mehr hatte oder so. Somit bestand mein Öko-Konto weiterhin, aber ich benutzte es eben nicht.
Nun wurden meine Überlegungen bezüglich PK-Studium immer konkreter. Was mich vor allem letztendlich antrieb und -treibt, ist, um genau diese große Hürde versuchen, ein bisschen abzubauen: Ich möchte, wenn ich mich selbst weitergebildet habe, PK-Kurse und -Seminare geldfrei anbieten. Denn PK kommt momentan immer mehr auch langsam in der Merhheitsgesellschaft an und vermittelt einfach absolut wichtige Impulse bezüglich nachhaltiger Lebensweise. Ich finde, da sollte jede*r bedingungslos Zugang zu bekommen!
Um zu deiner Frage zurück zu kommen: Ich nehme das Rest-Geld von meinem Öko-Konto und verwende es für den Bereich „Permakultur“.
Beim geldfreien Leben geht es für mich nicht darum, dogmatisch nie wieder Geld anzufassen, sondern um Unabhängigkeit: unabhängig von Geldgeber*innen können wir alle unsere Projektideen gestalten und umsetzen. Es gibt keine finanziellen oder bürokratischen Barrieren. Das hat außerdem zur Folge, dass wir kreative Lösungen finden dürfen, da wir nicht ein gewisses Kapital zur Verfügung haben, sondern in soziale Interaktion treten und durch ökologische sowie solidarische Umsetzungsweisen unsere Projekte verwirklichen.
Damit geht auch einher, dass ich das Konzept der Leistung und Gegenleistung überwinden und die Idee der share- und gifteconomy lebendig und erlebbar werden lassen möchte. Dadurch, dass ich das Privileg habe, unabhängig von Lohnarbeit zu wirken, möchte ich diese Handlungsoption weiter denken und meine Talente bedingungslos schenken.
Eine konkrete Handlungsoption für dich: So weit ich weiß, ist es möglich, die Seminare günstiger zu bekommen gegen Mitarbeit vor Ort. Dies stelle ich mir persönlich allerdings ziemlich schwierig vor, denn die Seminare und Vertiefungskurse selbst sind sehr intensiv und viel Zeit zwischendurch bleibt nicht. Aber frag doch einfach mal nach! :)
Permakultur als Prinzip finde ich eig. in allen Lebensbereichen wichtig, aber das größte Potenzial sehe ich in Entwicklungsländern. Permakultur schafft Werte, manchmal scheinbar aus dem Nichts heraus, einfach durch das entsprechende Wissen um entsprechende Techniken.
Besonderes Augenmerk liegt da z.B. auf Wasser/Sanitation, Lebensmittelversorgung und Wohnen. Menschen in soclehn Regionen könnten insofern die Lebensqualität/Gesundheit/Produktivität steigern, indem sich dort z.B. Wissen verbreitet, wie man eine richtige Toilette baut. Denn ob man es glaubt oder nicht: Trinkwasserverschmutzung durch mangelhafte Sanitäranlagen ist ein ernstes Thema in etlichen Gegenden.
Ich würde hier behaupten, dass die Ecolet-Technologie einen permakulturellen Hintergrund aufweißt, auch wenn sie von deren Erbauern nicht so bezeichnet wird. Man muss sich an dieser Stelle einmal klarmachen, dass eine so simple Sache wie eine Kompost-Toilette einen potenziellen Gefahrenstoff in einen Rohstoff (in diesm Fall Humus/Dünger) verwandelt, und das bei gleichem oder geringeren Aufwand undpositiven Umweltfolgen. Turn waste into resource!
Ein weiteres schönes Beispiel sind Häuser, die in der neuren Zeit aus Beton gebaut wurden, wo früher noch einfach Hütten ausreichten. Der Beton kostet aber Geld, und für Geld braucht man einen Job, und so kommen auch Naturvölker auf den Arbeitsmarkt, weil sie auch gerne schöne Häuser bewohnen. Der permakulturelle Ansatz wäre hier, diesen Leuten einige Lehmbau-Skills an die Hand zu geben, damit sie aus lokalen, nachhaltigen, frei verfügbaren Ressourcen in eigener Arbeit Häuser errichten können, die Industriell gefertigten Häusern in nichts nachstehen.
Die effiziente Nutzung von Flächen ist da z.B. auch ein Thema, welchem bei mir permakulturelle Aufmerksamkeit zukommt: in den meisten Gegenden in Äquatornähe wäre es problemlos möglich, foodforests einzurichten, bzw. einfach essbare Pflanzen an alle möglichen Orte zu pflanzen, welche an das entsprechende Klima angepasst sind. Wir haben irrsinnig viel Wüste auf unserem Planeten, aber fast niemand ist sich der Tatsache bewusst, dass eine Wüste in den meisten Fällen einem grünen Wald weichen kann, ermöglicht durch permakulturelle Methoden. Genauso passiert ist es z.B. auf dem Löss Plateau in China (ca. die Fläche von Rrankreich), welches innerhalb von 10 Jahren von einer Wüste in ein grünes Paradies verwandelt wurde. Dort gibt es nun keine Überschwemmungen mehr, dafür fließen wieder Flüsse, die Menschen haben jetzt die Möglichkeit, Ackerbau zu treiben, und leben in Wohlstand, während dort jetzt ein Ökosystem existiert, welches diesen Namen verdient. Ausgestorbene Tierarten sind zurückgekehrt, alles blüht. Ermöglicht wurde das dadurch, dass mit den Gegebenheiten vor Ort konstruktiv umgegangen wurde, unter Einbeziehung der Menschen, die dort leben, welche mehr oder weniger der Motor sind. Permakultur in ihrer schönsten Form!
https://www.youtube.com/watch?v=sK8JNXHcBMA
Hallo Abraham,
danke für deine Impulse und Gedanken.
Vielleicht ein, zwei Gedanken, die mir dazu kommen:
Ich finde es schwierig , von „Entwicklungsländern“ zu sprechen, da das suggeriert, dass von einem Fortschrittsweltbild ausgegangen wird und diese Länder sich noch „entwickeln“ müssen – und das nach dem westlichen, „fortschrittlichen“ Modell.
Der Begriff ist eine eurozentristische Fremdbezeichnung von „Industrieländern“ und impliziert, dass diese die Messlatte wirtschaftlicher und politischer Zustände sei. Daraus folgt, dass Abhängigkeiten geschaffen werden und das „westliche“ Wirtschaftsmodell anderen Ländern aufgezwungen wird.
Der Begriff kommt aus der Zeit nach dem zweiten Weltkrieg als viele der ehemaligen Kolonien unabhängig wurden. Wirtschaftlich ausgebeutet und strukturell abhängig (auf Grund der „westlichen“ Kolonialisierung) wurde nun gesagt, die Länder müssten sich nun erstmal „entwickeln“.
Ich denke, dass permakulturelle Ansätze – wie Kompostklos – sicher eine super Idee für alle Länder sind. Auch – bezihungsweise vor allem – für Länder des Globalen Nordens, welche die Hauptverursacher*innen für die Klimakatastrophe, Verlust der Artenvielfalt, Verschmutzung der Mitwelt etc sind.
Leicht ist es zu sagen „Die anderen brauchen Lösungen“ und somit Problematiken in Ländern des Globalen Südens zu thematisieren, als sich selbst Problemen vor Ort zu widem – und davon gibt es genug! ;)
Diese Herangehensweise ist meiner Meinung nach viel nachhaltiger, da hierfür nicht in der Welt herum geflogen wird (was katastrophal für unser Klima ist) und vor allem neokolonialitsische Sichtweisen nicht reproduziert werden.
Ich finde es am authentischsten, wenn mensch selbst erst mal das lebt, was für gut und nachhaltig befunden wird, bevor Ansprüche und „Entwicklungsvorhaben“ an andere gestellt werden.
Denn meiner Ansicht nach bietet die gegenteilige Herangehensweise auch die Gefahr, „Entwicklungsländer“ als solches zu problematisieren und damit jegliche Vorgehensweise und Wissen in Ländern des Globalen Nordens als „gut“ zu heroisieren und übertragen zu wollen.
Somit kann außerdem die Verantwortung für Klimakatastrophen abgewälzt und eine Legitimierung für eigenes Fehlverhalten resultieren: „Erstmal müssen die ‚Entwicklungsländer‘ ihr Müllentsorgungsproblem, …. lösen“
Mit all dem möchte ich keinesfalls sagen, dass das von dir so gemeint ist, sondern wollte erklären, warum der Begriff „Entwicklungsländer“ sowie die oft damit einhergehende eher eurozentristische Weltsicht problematisch ist.
Insgesamt stimme ich dir aber unbedingt zu, dass permakulturelle Ansätze nachhaltige, ökologische Lösungen aufzeigen – und dies vermutlich in allen Ländern. Danke dir sehr für deinen ausführlichen Kommentar! :)
Der Begriff Entwicklungsland scheint mir da schon sehr passend gewählt. Auch ganz ohne Aufzwingen unseres Wirtschaftssystems unserer Kultur oder unseres politischen Systems. Entwicklungsländer sind derzeit nicht in der Lage ihrer Bevölkerung auch nur das Grundrecht auf körperliche Unversehrtheit zu ermöglichen. Um das gewährleisten zu können, müssen sie sich entwickeln. Ob diese Länder das nun erreichen indem sie zu Permakulturparadiesen oder Theokratien werden sollte der dortigen Bevölkerung überlassen werden. Das ändert aber nichts daran das eben erstmal eine Entwicklung stattfinden muss.
Das ein Großteil der Verantwortlichen in den westlichen Ländern diese Entwicklungsländer dazu drängt sich an unser Modell anzupassen ist auch nicht weiter verwunderlich. Wird doch grade von diesen Leuten unser Modell als funktionierend empfunden.
Und tatsächlich kann man eben auch erstmal sagen „die Anderen brauchen Lösungen“. Und ich bin sicher die werden dort zustimmen. Ein Kompostklo oder Selbstversorgerhof hier schützt dort Niemanden vor dem Verhungern. Das hilft uns ausschließlich hier weiter.
Ich kann hier auch nicht leben was ich dort für nachhaltig halte, da die Bedingungen hier Andere sind. Ich will „Denen“ dort auch gar keine Lösungen vorschreiben, wüsste aber auch nicht warum ich Lösungen vorleben soll, für Probleme die ich nicht habe.
Tatsächlich können wir dann sogar auch einen Teil der Verantwortung für den Klimawandel von uns weisen. Sicher ist der Großteil davon in den Industrieländern verursacht worden. Allerdings mag nun das ein oder andere Entwicklungsland auch gern seinen Teil dazu beitragen, und sabotiert dafür jede sinnvolle Lösung des Problems. Mithin der Grund warum ich Maßnahmen gegen den Klimawandel für wenig zielführend halte. Der wird kommen und das mit maximalen Ergebnissen. Wir werden sämtliche fossilen Energieträger verbrennen, und das CO2 wird wieder da sein wo es her kommt. Und die Entwicklungsländer werden ihren Teil dazu beitragen.
Aber die Welt wird davon nicht untergehen, sie wird nur anders werden.
Gruß
Bernd
Lieber Bernd,
danke für deine Gedanken.
Die Frage ist: Wer beurteilt denn, ob Länder sich „entwickeln“ müssen? Oder ob der Begirff „Entwicklungsland“ passend ist?
Die westliche Gesellschaft. Es ist also keine Selbstzuschreibung, sondern ein Zwang von außen, wie du schreibst: „Sie müssen sich entwickeln“.
Natürlich wird das in großen Teilen dann von der jeweiligen Bevölkerung des Landes so übernommen, da ja überall suggeriert wird: „Das ‚westliche‘ System ist besser, ist funktionsfähiger. Weiße Menschen leben in Wohlstand und sind klug.“
Der Soziologe und UN-Sonderberichterstatter für das Recht auf Nahrung (2000 – 2008) Jean Ziegler sagte mal: „Wir müssen den Ländern des Globalen Südens nicht mehr geben, sondern weniger stehlen“.
Natürlich möchten viele Menschen im Globalen Süden genau diese Lebensweise adaptieren, da „wir“ sie ihnen als „das einzig richtige“ vorleben. Insofern können wir keine Verantwortung bezüglich des Klimawandels abgeben.
Wenn wir die globalen Zusammenhänge betrachten, dann ist es auf jeden Fall ein kleiner Schritt „hier“ Kompostklos und Selbstversorgerhöfe zu verwirklichen. Betrachten wir Agrarsubventionen, die Verschmutzung des Trinkwassers, Wasserprivatisierungen, Nahrungsmittelspekulationen, Getreideanbau, der zum größten Teil in die „Nutztierindustrie“ fließt. Diese Mechanismen wirken nicht nur in Deutschland oder Europa, sondern haben globale Auswirkungen!
Da ist es leicht zu sagen: Was hilft schon ein Selbstversorger-Hof oder mein eigenes Verhalten?
Eine ganz Menge, denn „wir“ können tagtäglich durch unsere Konsumentscheidungen dazu beitragen, Widerstand gegen Ausbeutung und neokoloniale Strukturen zu leisten. Unser Leben ist politisch!
Hm ich hatte es befürchtet. Es scheint der linksökologische Paternalismus durch. Die armen Bewohner der Entwicklungsländer die durch den „Neokolonialismus“ dazu gebracht werden unseren Lebensstil zu wollen, und nur von „den Richtigen“ richtig angeleitet werden müssen „das Richtige“ zu tun.
Der Grund warum mir diese politische Richtung seit einiger Zeit als die größte Gefahr für Freiheit und Demokratie seit Jahrzehnten halte, und das obwohl ich politisch gar nicht so weit davon weg bin.
Aber das sehe ich deutlich anders. Jeder Mensch trägt Verantwortung für sein Tun. Absolut und fast ohne Ausnahme.
Es geht auch gar nicht darum was ein Selbstversorgerhof hier bringt, ich freue mich über jeden dieser Höfe die hier entstehen. Nur nützt der Selbstversorgerhof nach Permakulturgrundsätzen hier den Menschen dort erstmal gar nichts. Der Selbstversorgerhof nach Permakulturgrundsätzen würde DORT aber eine sehr große Wirkung entfalten. Solange Menschen darum kämpfen müssen die nächste Zeit zu überleben kümmert sie ersteinmal nichts Anderes. Mithin der Grund warum ich es für sinnvoll erachte in Entwicklungsländern dieses Konzept bekannt zu machen. Ob die Menschen dort das dann umsetzen wollen, oder doch lieber eine andere Form der Landwirtschaft nutzen wollen ist dann ihre Entscheidung.
Was natürlich helfen würde wäre wenn diese Länder finanziell unabhängig wären, und sich nicht von Weltbank und ähnlichen Finanzokkultisten Vorschriften machen lassen müssten, was auch die Menschen aus der Abhängigkeit der Hilfsorganisationsindustrie brächte.
Das würde dazu führen das wir entsprechende Länder auch nicht mehr bestehlen können.
Eine globale Finanztransaktionssteuer deren Erlöse pro Kopf ausgezahlt werden wäre da z.B. eine Lösung
Mein eigenes Verhalten hilft tatsächlich nur wenig. Ich nehme mir halt schon seit geraumer Zeit einen Teil der Möglichkeiten Einfluss zu nehmen. Ich versuche möglichst wenig zu konsumieren. Nicht aus politischen Erwägungen, nur weil s mir auf den Keks geht. So kann mein Konsum natürlich auch nur wenig ausrichten.
Magst du mir noch erklären was die Trinkwassernutzúng in einem der wasserreichsten Länder der Erde für globale Auswirkungen haben soll?
liebe Grüße
Bernd
Ich denke über die Begrifflichkeit „Entwicklungsland“ sowie „Entwicklungszusammenarbeit“ generell, könnten wir vermutlich noch lange diskutieren. Ich denke aber nicht, dass das primär viel mit Permakultur zu tun hat. Ich antworte dir gerne noch auf deinen Kommentar, würde mir dann aber wünschen, dass wieder zum allgemeinen Ausgangspunkt zurück gefunden werden kann.
Nicht, weil es mich nicht interessiert, sondern, weil es einfach viel Zeit in Anspruch nimmt, via Internet darüber zu schnacken.
Probleme der Länder im Globalen Süden resultieren irgendwoher und sind nicht einfach da. Wie du auch schon gesagt hast, vor allem auch aufgrund von Subventionen, finanziellen Abhängigkeiten etc. … Aber eben auch, weil ziemlich jede*r von uns tagtäglich (noch) Produkte konsumiert, die dazu beitragen, dass diese Abhängigkeiten weiter bestehen bleiben: Nestlé beispielsweise, der größte Lebensmittelkonzern, trägt immens dazu bei, dass Missstände im Globalen Süden weiterhin passieren. Hier lässt sich unter anderem auch die Brücke schlagen zur Wasserproblematik, nach der du gefragt hast: Nestlé und viele andere multinationale Konzerne tragen maßgeblich dazu bei, dass Wasser privatisiert wird. Damit geht oft eine Verschlechterung der Trinkwasserqualität einher. Wasserverschmutzung resultiert aber vor allem maßgeblich aus externalisierten Produktionsstätten im Globalen Süden, die vor allem für den Markt der Länder des Globalen Nordens produzieren.
Ich denke, wir sind gar nicht so weit voneinander entfernt, wenn du sagst: „Jeder Mensch trägt Verantwortung für sein Tun. Absolut und fast ohne Ausnahme.“ Das sehe ich auf jeden Fall genauso. Es ist einfach zu sagen, dass „große“ Schritte getan werden müssen, auf die wir als „unbedeutendes Individuum“ oft keinen Einfluss haben. Wenn das alle denken und sagen, dann stimmt das wohl. Wenn keine*r etwas bewegt, dann hat auch niemand Einfluss. Wenn wir uns aber tagtäglich unserer Verantwortung bewusst werden, können wir so handeln, wie es am sozial-verträglichsten und diskrimminierungsfreisten ist.
Darüber hinaus gibt es aber auch strukturelle und institutionalisierte Gewalt und Rassismus. Diesen zu verstehen und die eigene, gesellschaftliche Position zu reflektieren, sehe ich als wichtige Aufgabe von privilegierten Menschen.
Ich bin nicht der Ansicht, dass Permakultur im Globalen Süden absolut nichts bringt und nicht angewendet werden soll, sondern dass wir uns erstmal über die Auswirkungen unseres Handelns „hier“ bewusst werden sollten. Welch großen Impact beispielsweise das Fliegen hat, scheint vielen Menschen nicht bewusst zu sein, wenn sie um die halbe Welt jetten, um ein ökologisches Projekt zu starten oder zu unterstützen. Meiner Meinung nach, sollte sich vielmehr bewusst gemacht werden, dass wir in einer globalisierten Welt leben, in der mit lokalen, konsequenten Ansätzen viel bewirkt werden kann: Globale Zusammenhänge – lokale Lösungen.
Das bedeutet nicht, dass ich diese Devise absolut dogmatisch verfolge und sage, dass alles andere „schlecht“ ist. Ich merke nur, dass dieser Denkansatz noch viel zu selten Beachtung findet. Patrick Whitefield greift ihn unter anderem im „Earth Care Manual“ auf, aber dazu dann in anderen Artikeln mehr … ;)