Teil 1: Wieso kann ich nicht einfach bauen wie ich will!

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Von Lisa Pfleger
8. Oktober 2014

Bei meinem letzten Artikel zum Hausbauen haben sich viele Fragen aufgetan. Bauen mit Stroh und Lehm? Und dann vielleicht auch noch rund? Ja geht das überhaupt? Wie bekommt man so etwas genehmigt?

Ich habe Jürgen Lizzi, selbstständiger Baumeister in Österreich und Mitveranstallter der Greenskillskurse, mal ein bisschen über grundsätzliche Normen zum Hausbau ausgequetscht und so einiges erfahren dürfen. Also los geht‘s:

Lisa: Jürgen, du bist ja beruflich ständig mit mit dem Planen und Berechnen von Gebäuden beschäftigt. Worauf muss man grundsätzlich achten, damit ein Wohngebäude in Österreich genehmigt wird?

Jürgen: Es muss allen Normen, Gesetzen und Richtlinien entsprechen. Dabei geht es einerseits hauptsächlich um:

  • Standfestigkeit (entsprechend Normen und Statik)
  • Hygienische Einrichtungen, Gesundheit und Umweltschutz (Bad & Klo = Muss)
  • Nutzungssicherheit (zB. Geländer bei Absturzgefahr)
  • Brandschutz (Normen)
  • Energieverbrauch (Normen bzgl. Heizwärmebedarf)

Bis zu endgültigen Harmonisierung der Bauordnungen, gibt es im Moment sowohl länderübergreifende Normen, als auch Richtlinien, die in den einzelnen Bundesländern zu beachten sind.

Dann gibt es noch Bestimmungen, die sich von Gemeinde zu Gemeinde unterscheiden können, zum Beispiel Bestimmungen zum Ortsbildschutz oder Art und Weise der Wasserentsorgung.

Im ersten Bezirk in Wien oder in anderen Schutzzonen, kann man halt eben nicht bauen, was man will. Das kann aber auch in anderen Gegenden der Fall sein, wo das Denkmalamt mit dabei ist.

Für jedes Grundstück gibt es dann noch eigene Bebauungsbestimmungen, welche hauptsächlich vorgeben wie groß und wie hoch das Gebäude werden darf und welche Abstände zu den Grundgrenzen eingehalten werden müssen.

Wenn man irgendwo am Land bauen will und es nicht die ultratraditionelle Gegend ist oder man direkt neben der Kirche baut, wo man das „Ortsbild zerstören“ würde, kann man – unter Einhaltung der Normen und Gesetze auch sehr ausgefallen bauen. Vor allem, wenn es sich um sterbende Gemeinden handelt, wo man um jeden neuen Bewohner froh ist.

Foto vom  Niederösterreichischen Baurecht (Linde Verlag).

Lisa: Also könnte ich also unter all den Voraussetzungen auch ein rundes Hobbithaus alá Simon Dale bauen?

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Jürgen: Beim Hobbithaus wird nicht das Problem sein, dass es rund ist. Es sind die gleichen Dinge zu beachten wie bei allen anderen Bauformen. Zum Beispiel, dass Gebäude mit Aufenthaltsräumen hygienische Sanitäranlagen benötigen. Es würde also nicht reichen, draußen eine Komposttoilette zu haben (wenn diese überhaupt erlaubt wird), sondern es müsste in jeder Wohneinheit zumindest einen Sanitärraum geben mit einem WC, einer Waschmöglichkeit und einer Badewanne oder Dusche. Die Vorgaben über Mindestbelichtung und Lüftung der Räume müssen eingehalten werden.

Man braucht auch zu mindest einen Aufenthaltsraum wo eine Kochnische vorhanden sein muss.

Zudem muss es, wie gesagt, statisch den Normen entsprechen, es darf einen gewissen Heizwärmebedarf nicht überschreiten und je nach Größe des Gebäudes, Brand eine bestimmte Zeit stand halten.

Zusätzlich darf es, wenn es sich in einer Schutzzone befindet, also z.B. im alten Ortskern, das Ortsbild nicht stören.

Also Hobbithaus ja, wenn man ein paar Dinge beachtet und nicht in Wien im ersten Bezirk bauen will.

Foto von einem kleinen Hobbithaus
Kleines Hobbithaus gefällig? (Photo by The Eggplant Teil 1: Wieso kann ich nicht einfach bauen wie ich will! 1)

Lisa: Mal kurz weg vom freaky Hobbithaus. Grundsätzlich mit Stroh und Lehm bauen, ist aber kein Problem?

Jürgen: Stroh und Lehm sind in Österreich, und soweit ich weiß auch in Deutschland, normale zugelassene Baustoffe. Wichtig ist die Unterscheidung zwischen normalem Strohballen und Baustrohballen. Zweitere sind dichter gepresst und brennen daher nicht so schnell. Zusätzlich wird noch der Restkorngehalt und die Restfeuchtigkeit geprüft. Was einerseits wichtig ist, dass die Konstruktion nagetierfrei bleibt und andererseits, dass sie nicht schimmelt.

Wichtig ist bei der Verwendung natürlicher Baumaterialen immer, dass das Gebäude bauphysikalisch funktioniert und z.B. anfallende Feuchtigkeit auch abtransportiert werden kann.

Was die Bewilligungsfähigkeit von solchen Bauwerken angeht, kommt es darauf an ob die zuständigen Personen vom jeweiligen Bauamt schon mit Strohballenbauweise o.ä. konfrontiert worden sind. Wenn es das erste Gebäude aus Stroh und Lehm in der Gemeinde ist, dann ist einfach mehr Aufklärungsarbeit zu leisten. Hier empfiehlt es fachkundige Personen zur Gemeinde mitzunehmen oder sich sehr gut zu informieren bevor  das Gespräch mit dem Bürgermeister gesucht wird.

Erfahre mehr in Teil 2!

Im nächsten Artikel geht es weiter mit Fragen zu den öffentlichen Anschlüssen (Wasser, Kanal, Strom), warum man nicht einfach irgendwie bauen kann und warum schon gar nicht mitten im Grünen. Bleib dran! :)

Deine Erfahrungen?

Was denkst du dazu? Musstest du schon zu Behörden? Wie haben sie reagiert? Hast du vielleicht sogar Erfahrungen, wie es in Deutschland ist?

Dieser Artikel ist mehr als ein Jahr alt. Es muss daher nicht sein, dass wir jedes einzelne Wort immer noch so schreiben würden wie damals. Wenn Fragen sind, kommentiere einfach zum Artikel, dann antworten wir Dir gerne.

19 Gedanken über “Teil 1: Wieso kann ich nicht einfach bauen wie ich will!

  1. Kavi

    Liebe Leute, ich lese jetzt seit ca 2 Wochen mit und finde eure Website ur spanned!! Diese Artikelserie über das Bauen ist total gut gelungen. Ich studiere Architektur und mache gerade mein Diplom – ich plane ein Caféhaus in Wien in Stroh/Lehm Bauweise.

    Eine ermutigende Entwicklung ist,dass in Vorarlberg jetzt ein lasttragendes Einfamilienhaus bewilligt und umgesetzt wurde! Von Georg Bechter, Strohballenhaus Dornbirn.

    Bezüglich der Lektüre finde ich die zwei Bücher super:
    „Gernot Minke – Handbuch Lehmbau“ da is alles drin… was is Lehm? Bauphysik, Methoden des Lehmbau’s (keine Stroh Lehm nur Lehm)
    „Daniel Duchert – gestalten mit Lehm“ finde ich total inspirierend

    Werner Schmidt aus der Schweiz ist ein super Architekt der nur noch mit Stroh /Lehm baut. Der hat ne interessante Website: http://www.atelierwernerschmidt.ch
    Oder Youtube (insgesamt 3h Vortrag über seine Tätigkeit)
    https://www.youtube.com/watch?v=9wzqp7zXSkE

    Liebe Grüße :)
    Kavi

  2. dein freundlicher Beamter

    Hi! Bin Bauamts-Beamter in Bayern. Hier vielleicht ein kleine Hilfe:
    Bauen im Außenbereich: Art. 35 BauGB
    Grundsätzlich nein (Absatz 1) aber Ausnahmen sind möglich (Absatz 2)!
    Landwirtsachftlicher Betrieb ist wahrscheinlich das einfachste Argument. Ist aber schwer das überzeugend zu begründen.
    Oftmals stehen Festsetzungen im Flächennutzungsplan dagegen (Abs. 3 Nr. 1). Auch ist die Erschließung nahc Absatz 2 meistens nicht gesichert (Brandschutz, Kanalisation, Wasserversorgung). Diese Probleme kann man aber umgehen (Löschteich, Biokläranlage, Brunnen). Das größte Problem ist warscheinlich die Gemeinderäte zu überzeugen, weil die normalerweise die Bildung von Splittersiedlungen vermeiden wollen (Absatz 3 Nr. 7). Ortsrandbebauungen sind da meist eine akzeptable Lösung.

  3. kahalla

    @ Hans: es stimmt dass Strohballen ein guter Dämmstoff sind. Ich plane selbst ein Haus das mit diesem Material gedämmt werden soll. Dort wo ich meine Erfahrungen her habe werden Holzständerwerk und Strohballen komplett mit Lehm verputzt, so dass dieser nicht nur die feuchtigkeitsausgleichenden Wirkungen fürs Wohnklima bereit stellt, sondern auch Stroh und Holz vor Ungeziefer schützt. Eine weitere Methode, die ein Bekannter von mir angewandt hat, besteht im sogenannten „French Dip“. Hierbei werden die Strohballen vor dem Einbau in eine dünne lehmige Brühe getaucht und überziehen sich so bis in feinste Vertiefungen mit einer dünnen Lehmschicht. Neben dem Schutz vor Insekten soll ein weiterer Vorteil sein, dass der Lehmputz dann besser haftet. Eine Holzvertäfelung so dicht zu kriegen, dass keine Insekten mehr ans Stroh kommen stelle ich mir schwierig vor.

    Ein ungebrannter Lehmboden erhält in einem Raum ein hohe Luftfeuchtigkeit und eignet sich zum lagern von z.B. Wurzelgemüse. Dass so ein Keller gut entlüftet werden muss, ist selbstverständlich. In den Grundmauern alter Bauernhäuser meiner Heimatgegend befinden sich daher diese kleinen steilen „Fenster“, die kaum Licht hinein lassen
    Im Keller enden sie etwa einen halben bis einen Meter unter der Gewölbedecke aus Bruchstein. Diese Gewölbedecke wird so durch die Erdwärme relativ warm gehalten, während die feuchte Luft unterhalb der „Lichtschächte“ zirkuliert und den Wärmepuffer oben füttert. Überschüssige warme Luft entweicht durch die Öffnungen, die gleichzeitig kühle Luft einlassen, durch die Feuchtigkeit im Keller ausfällt. Diese Feuchtigkeit reduziert den Feuchtigkeitsverlust der gelagerten Gemüse in einer dauerhaft kühlen Atmosphäre. Ergebnis: Ein begehbarer Kühlschrank, der ohne Strom dauerhaft funktioniert und jede Menge Platz bietet.
    Das 300 Jahre alte Fachwerkhaus, in dem ich ein Zeit wohnen durfte, hatte auch bei 38° Außentemperatur eine Innentemperatur von 18°. Und das ohne Keller. Dieses Haus hatte eine etwa 40 cm hohen Sockel aus Natursteinen mit innen gestampftem Lehm. Dieser wurde allerdings schon vor meiner Zeit mit Estrich überzogen und ergab, wahrscheinlich durch eine kapillarbrechende Steinschicht unter dem Estrich eine erstaunliche Fußwärme. Inzwischen haben alte Menschen mir bestätigt, dass diese 40 cm Sockel wichtig sind, weil die Luft draußen im Winter bis etwa 40 cm Höhe über dem Boden am kältesten ist, weshalb beinahe alle alten Häuser solch einen Sockel hätten. Höhere Sockel verbergen dann meist einen Gewölbekeller oder weisen auf eine hohen Grundwasserstand hin (der nicht mehr unbedingt aktuell sein muss, da viele Kommunen zwecks Hochwasserschutz den Grundwasserspiegel durch z.B. Flussbegradigungen abgesenkt haben. Folglich kann man daraus nicht unbedingt auf die Möglichkeit schließen, leicht einen Brunnen graben zu können).

    Von den Fundamenten zum Dach.
    Ich habe ein spezielle frage, die mir vielleicht jemand beantworten kann. ich hab e inzwischen viel über das sogenannte Mandaladach gelesen und es auch hier wieder gefunden.
    Allerdings habe ich nirgendwo lesen können wie steil, bzw. flach dieses Dach sein darf um überhaupt zu funktionieren. Da die Dachneigung für die Statik von Belang ist, hilft es bei einem Bauantrag nicht viel, dies ausprobieren zu wollen, sondern man muss es vorher zumindest ungefähr berechnen können. hierbei wäre ich für Tipps und Hinweise dankbar.
    Zuletzt freue ich mich, dass dieses Thema hier Platz findet und danke Lisa für diese Möglichkeit.

    Herzliche Grüße, kahalla

  4. Alexandra V.

    Liebe Lisa,
    dank dir sehr herzlich für den Artikel. Mein Freund Marc und ich sind auch schon über Simon Dale’s Seite gestolpert auf der Suche nach einer alternativen, nachhaltigen Bauweise, die uns entspricht. Wir sind derzeit noch auf der Suche nach einem Grundstück, haben aber schon erfahren, dass die Baubestimmungen für ein Erdhaus ähnlich sind wie für einen Keller, zumindest in Deutschland.
    Allerdings muss ich sagen, dass ich mir immer eine Komposttoilette für unser Bauprojekt wünsche. Ich hoffe, es lässt sich ein Weg finden. Ich bin für jeden Hinweis dankbar.
    Herzliche Grüße

    Alex

  5. Christian

    Hallo Lisa,
    Hans hat recht mit Lehm unter der Erde geht nur wenn keine Feuchtigkeit von außen ansteht. Da wären Steine sicherlich haltbarer. Eine Bauweise im Allgäu, wo ich aufgewachsen bin, war z.B. das Fachwerk mit Lehmstaken und Lehmwickeldecke. Also vermutlich auch bei euch nicht unüblich. Was ich persönlich aber tatsächlich spannend fände, wäre ein Haus in das Erdreich zu bauen, um die wärmende und kühlende Wirkung der Erde zu erleben. Vielleicht ein versenkt gesetzter Pfahlbau mit einem Naturdach?

  6. Hans

    Hallo Lisa!
    Wir haben einmal mit Kindern und einer Baufirma (die die statischen Teile herstellte) in einer drei jährigen Bauzeit ein Holz-Riegelbau-Haus hergestellt. Wir isolierten mit hartgepressten Strohballen, die auch grösser waren als „normale“.
    Die Isolierung mit Stroh ist sehr effizient.
    Nur ist es ganz wichtig, dass man das Stroh, bevor es gepresst wird mit Borsalz vermengt.
    Borsalz aus dem Grund, da sich Nager und Ungeziefer darin nicht wohlfühlen.
    Wir hatten das damals nicht gemacht und so gab es nach ca. einem Jahr Millionen Getreidemotten.

    Ja und mit Lehm zu bauen im Burgenland ist, so glaube ich kein Problem. Es gibt noch sicher Hunderte Häuser, da es früher dort üblich war mit Lehm zu bauen.
    Als man überging auf die „neuere“ Art zu bauen, war es eine Zeit lang verpönt in „so einem“ Haus zu wohnen. Leider haben dann viele ihr Lehmhäuser mit den „neuen“ Materialien verputzt und das war dann der Tod dieser Häuser.
    Aber ob ungebrannter Lehm für Häuser unter der Erde geeignet ist, möchte ich bezweifeln. Gehe in einen alten Kartoffelkeller mit gestampftem Lehmboden. Also ich möchte da nicht Leben?
    Wenn das Haus über der Erde steht, wäre das mit ungebrannten Lehm ok.
    LG. Hans

  7. Andreas Koch

    Hallo Lisa :-)

    „Einfach im Grünen“ kann man durchaus bauen, hier gibt es z.B. Insellösungen.
    Mein Haus zählt 4 Nachbarn und 2 Werkhallen. Keine Kanalisation. Wir arbeiten mit Sickergruben, einer meiner Nachbarn hat eine eigene kleine Kläranlage unter der Terrasse :-) Mein direkter Nachbar hat einen 3000l Brunnen im Haus. Mit entsprechenden Behördengängen kann man mitten im Nichts durchaus bauen und leben :-) Energieversorgung ist da ehr schwierig, da man Energie nicht unendlich zwischenspeichern kann. Aber sonst sehe „ich“ keine Probleme :-) Bin aber auch Laie und berichte lediglich aus gemachten Erfahrungen, die nicht mit den eltenden Gesetzen konform sein müssen ;-)

    Grüße und so :-)

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