Wir bauen ein richtiges Iglu!

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Von Lisa Pfleger
17. Februar 2017

Was für ein gebührender Abschluss einer Wildnisausbildung! Survival in Frühling, Sommer oder Herbst ist die eine Sache, aber im Winter?

Ich hab die Kälte satt

Halb mit Vorfreude, halb mit Abscheu habe ich für dieses Kurswochenende gepackt. Die Kälte im Nacken, die ewigen Minusgrade… Für mich war es schon grenzwertig. Und derzeit bewohne ich auch noch ein Haus, das nicht richtig warm werden will.

Es sei mir also verziehen, dass ich mich nicht nur darauf freute fünf Tage im Freien zu verbringen, zumal die Temperaturen nicht steigen sollten.

Sonnenschein – so soll es sein!

Tja, was soll man sagen, auf der Hinfahrt – noch durch eine dicke Nebelsuppe und Autobahngrau – hat der Himmel gleich am Vormittag aufgerissen und die Sonne brachte die umliegenden Berge des schönen Bad Ischls nur so zum Leuchten! Dieses Mal waren wir nämlich wieder bei Hans (und Sandra!) im Naturlernzentrum Dachscamp (wie auch schon beim Flintknapping)

Ein Not Biwak aus Schnee

Ganz im Zentrum unser aller Vorfreude stand ja der Bau eines Iglus! Allerdings: First things first… Alleine im Schnee verirrt und so viel Schnee, dass ich mir keine Notbehausung aus Ästen und dergleichen bauen kann? Na, immerhin gibt es wenigstens Schnee!

Schnee isoliert sehr gut, da er viel Luft in seinen Schichten hat (Eis ist zum Beispiel sehr dicht und würde im Vergleich nicht so gut isolieren) und genau das macht man sich zu Nutze!

In einer Notsituation allerdings nicht mit einem Iglu, da das erstens viel zu lange dauert (geschweige denn, ohne dem richtigen Werkzeug nicht mal wirklich funktioniert) und zweitens für eine Person auch gar nicht so viel Sinn macht. Wir wollen nämlich mit unserer Körperwärme sparsam umgehen und nur so wenig umgebende Luft wie möglich aufheizen müssen ;)

Wie wir uns eine Notunterkunft ohne Schnee gebaut haben, kannst du übrigens hier lesen.

Schaufeln was das Zeug hält

Nach einer theoretischen Einführung haben wir uns dran gemacht unsere Biwaks zu bauen. Im Prinzip ist es eine schmale Röhre aus Schnee, in die man möglichst genau rein passt. Die Wände sollte man nicht berühren, sonst wirds kalt. Und genug Platz um den Oberkörper zu bewegen ist auch empfehlenswert (man muss das Biwak dann nämlich von innen noch verschließen, sonst ziehts rein!). Manche haben ihren Rucksack zugeschüttet und als „Form“ verwendet, manche einen mit Schnee befüllten Müllsack (funktioniert am besten, also besser immer dabei haben ;D) und ich habe meine abgewinkelten Beine als „Füllform“ verwendet: Definitiv die anstrengendste Variante! Funktioniert hat sie auch nur so halb, weil ich durch die unergonomische Haltung immer höher geworden bin und am Ende meine Röhre nochmal komplett zugeschaufelt habe um sie am Ende wieder auszuhöhlen ^^ (das ist übrigens auch eine Variante!) Am Ende ist sie doch noch fertig geworden – ich wollte schon aufgeben!

Meine „Nacht“ im Notbiwak

Naja, Nacht ist etwas übertrieben. Eine Stunde habe ich durchgehalten. Mit einer Isomatte bewaffnet (ohne wollte ich es dann doch nicht probieren und mit Ästen hatte ich mir keine Matratze gebaut) habe ich mit in meinem Biwak verkrochen und den Eingang mit einem Rucksack verschlossen. Leider war der viel zu klein und ich hatte große Löcher. Nasse Schuhe, kalte Füße… uaaahh… den Schauer hat es mir mehrmals quer durch den Körper getrieben – so krass und deutlich habe ich das noch nie gespürt. Irgendwann schaffte ich es tatsächlich einzuschlafen… um nach kurzer Zeit mit der Kälte in den Knochen wieder aufzuwachen. Dass ich diese Nacht kein Auge mehr zubekommen würde war klar. Also habe ich mich bibbernd aus dem Ding befreit und bin in unser beheiztes Wigwam gestapft, wo meine Schlafsäcke und zig Zusatzdecken auf mich warteten. Beheizt heißt übrigens nicht, dass der Tee in meiner Tasse nicht trotzdem am nächsten Tag gefroren war ;D

In der nächsten Nacht habe ich es dann noch in einem anderen Biwak versucht. Das war aber leider zu eng und somit berührte ich den Schnee direkt. Da mir beim Verschließen einer der „Türziegel“ zerbrach, war das Biwak wieder nicht dicht verschlossen und somit war der Spaß auch hier nach einer Stunde Schlaf vorbei. Die Illusion, dass so eine Nacht gemütlich sei, wurde mir dann sowieso genommen. Sie diene lediglich dem Überleben ;D

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Genauere Infos und Instruktionen zum Notbiwak findest du auf Hans‘ Website.

Feuer machen unter Zeitdruck

Ein wieder mal sehr einschneidendes Erlebnis war eine Feuer-Challenge. „Ihr habt 1 Streichholz und 10 Minuten Zeit, dann hat jeder ein Feuer, das mindestens 10 Minuten brennt.“ Geht klar. Zundermaterial hatten wir alle schon einstecken. Also nur noch Reisig und Kleinholz suchen. Im knietiefen Schnee und einem steilen Waldbereich mit wenig kleinen Fichten war das gar nicht so schnell zu bewerkstelligen. Bis ich mal mein Zeug beisammen, geschweige denn endlich einen geschützten, ebenen Platz gefunden habe, verging schon mal ziemlich viel Zeit! Dann noch die Sache mit den kalten Fingern. Mein erste Streichholzflamme wurde gleich „vom Winde verweht“ und mein zweiter Versuch erstickte auch im Keim… verflixt nochmal! Ein Streichholz verhält sich aber auch verdammt anders als eine Bowdrill-Glut ^^

Es ist wirklich nicht zu unterschätzen, wie es ist, in dieser argen Kälte sowas zu machen. Daher auch die Sache mit dem Zeitdruck: Stell dir vor du bist ins Wasser gefallen und brauchst dringend ein Feuer zum Wärmen. Dazu muss es nicht mal tiefster Winter sein. Irgendwann spielt einfach die Feinmotorik nicht mehr mit, wenn du es nicht schnell genug schaffst. Das hat mir – mal wieder – die Augen geöffnet… üben, üben, üben… und zwar unter verschiedenen möglichen – und unmöglichen – Bedingungen…

Den Tieren des Waldes auf der Spur

Spuren lesen war auch wieder ein Thema. Im Schnee wahrlich ein Genuss. Lies hier über meinen ersten Spurenlese-Kurs für Details, sonst wirds hier zu lange… immerhin kommt das besten zum Schluss:

Ein richtiges Iglu bauen!

WOW! Ich habe mich zwar auf das Iglu bauen gefreut, aber dass es mich so packen würde, konnte ich mir nicht im geringsten vorstellen…

Bei Minus 15 (!!!) Grad sind wir morgens aus unseren Schlafsäcken gekrochen. Auf dem Weg zum Klo hat es mir beim Atmen den Rotz in der Nase gefroren… Entsprechend Schiss hatte ich, die kommende Nacht in einem Iglu in den Bergen zu schlafen… Allerdings hatte es auf dem Berg am gleichen Morgen schon Minus vier Grad – was für ein Glück!

Am Vormittag kam dann endlich auch die Sonne zu uns, die hinter dem Gipfel hoch gestiegen war. Hell yeah!

Ausrüstung und Know How

Also das mit dem Iglu bauen ist zwar nicht sooo schwer, aber man sollte schon ziemlich genau wissen wie :D Zum Glück hatten wir in unserem Zweier Team noch einen Iglu-Freak an unserer Seite der mit seiner Liebe zum Detail mit uns gemeinsam das allerschönste Iglu gebaut hat! Als ich im fertigen Iglu saß, konnte ich einfach nicht packen, wie das alles hält! Die Ziegel kleben einfach aneinander! Die Kuppeldecke in einem nahezu 90° Winkel! Waaaas?

Dabei sind wir alle Höhen und Tiefen durch gegangen. Wir waren zwar sehr genau beim Bauen, dadurch aber auch langsamer. Also war es ein kleiner Wettlauf gegen die Zeit. Als dann auch noch die Sonne unterging, veränderte sich der Schnee nämlich auch wieder und die zurecht gesägten Ziegel „klebten“ schlechter. Und das auch noch bei dem Part, wo es sowieso schwieriger, weil immer steiler, wird. Aber wer lange genug, geduldig und unter Muskelkrämpfen sein Iglu zusammenhält… der wird auch mit einem leiwanden Iglu belohnt! Mit Stirnlampen haben wir dann noch erschöpft den Deckel rauf gebracht und dann schoss mir die Energie wieder ein – vor lauter Freude. Wie die Wilden haben wir das Iglu noch innen verputzt, ich habe rum geschaufelt wie blöde, geschwitzt… gefühlt hätte ich noch 3 Iglus bauen können…

Zur Hälfte gebautes Iglu.
Unser halbfertiges Iglu noch bei Tageslicht!

Im Iglu ist es „warm“

Je nach Sichtweise halt. Aber trotzdem hat es immer Temperaturen um den Gefrierpunkt drinnen. Der Körper wärmt es zusätzlich auf. Durch den darunterliegenden Eingang gibt es auch keinen Luftaustausch (weswegen man auch ein kleines Luftloch in die Decke bohrt) und deswegen kommt die Kälte auch nicht von draußen rein.

Die Nacht – dieses mal mit Schlafsäcken – war gut aber kalt. Erst mit Zusatzgewand, Zusammenkuscheln und einer Rettungsdecke konnte ich mich aufwärmen. Ich habe aber auch nicht die besten Schlafsäcke (ja, ich hatte schon zwei ;D)

Der Nacht war übrigens sternenklar, und vor allem „sternenhell“ – kennst du das? Wenn kein Mond da ist und es ist trotzdem irgendwie hell? SO viele Sterne! Der weiße Schnee, die Bergspitzen, die Silhouetten der Bäume… Traumhaft! Und dann geht man zum Schlafen in sein selbst gebautes Iglu: Ein Haus aus Wasser… Wasser!!

Fazit

Eine Wahnsinnswoche, die ich mal wieder nicht missen möchte. Von der Faszination für die Statik bis hin zur Besonderheit der Kälte, komplett lehrreich. Und was für mich immer am meisten zählt: Das unmittelbare Erleben! Nicht nur das „darüber lesen“ oder „davon hören“… Die Erfahrung. Ja, die hab ich jetzt und das macht einen riesen Unterschied :)

Kleine Danksagung

Danke den wunderschönen Platz und Spielort in Bad Ischl. Danke Hans, Martin und Samson für euer Wissen, eure Skills und Worte. Danke unseren Vorfahren, die so viele Techniken erfunden haben, ohne die wir nicht wüssten wie man beispielsweise ein Iglu baut. Und großen Dank auch an die Kälte. Denn, wie es beim Kurs so schön formuliert wurde: Sie ist unmittelbar und klar. Ja, das ist sie. Denn Fehler oder Defizite bei deinen Skills machen sich noch schneller bemerkbar…

Und du?

Hast du schon mal ein Iglu gebaut oder es versucht? Hast du überhaupt schon mal im Winter draußen geschlafen? Für mich ist das noch ziemlich neu…

Übrigens…

Kennst du schon meinen Instagram Account? Auch wenn ich zur Zeit nicht so viel schreibe, ein Foto zwischendurch hat immer Platz ;)

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Dieser Artikel ist mehr als ein Jahr alt. Es muss daher nicht sein, dass wir jedes einzelne Wort immer noch so schreiben würden wie damals. Wenn Fragen sind, kommentiere einfach zum Artikel, dann antworten wir Dir gerne.

5 Gedanken über “Wir bauen ein richtiges Iglu!

  1. Andreas Zehndorfer

    Hallo Lisa, ich bin erst gestern zufällig auf deinen Blog gestoßen, und er gefällt mir sehr gut. Ich habe mir auf Youtube „Tiny house“ Beiträge angesehen, weil ich heuer so etwas bauen will, und hab dann auch mal das Stichwort Selbstversorgung eingegeben, so fand ich unter anderem Videos von dir.
    Das letzte mal das ich im Freien im Winter geschlafen habe war bei der Besetzung der Hainburger Au. Da war’s leider nix mit Iglu bauen, denn es gab keinen oder nur ganz wenig Schnee. Der Schnee kam dann erst gegen Ende der Besetzung. Ich hatte einen ganz miserablen Schlafsack und nicht mal ein Zelt. Das waren so ziemlich die schlimmsten Nächte die ich je erlebt habe. Da half eigentlich nur Herumlaufen, am Lagerfeuer sitzen und das Schlafen zu streichen. Gefroren hab ich trotzdem wie nie zuvor oder nachher. Immerhin hat’s was bewirkt, so gesehen hat sich das Frieren gelohnt.
    Heute habe ich einen supertollen Schlafsack, da ist es auch ohne Iglu möglich im Freien bei Minusgraden zu übernachten, wie gesagt Schnee ist nicht immer vorhanden, vor allem im Wiener Raum, wo ich lebe. Einmal habe ich es schon bei Temperaturen um den Gefrierpunkt in Kombination mit einer dicken Matte getestet, war kein Problem. Ich bin aber von Natur aus sehr kälteresistent. Gute Ausrüstung ist für solche Bedingungen entscheidend. Deine Begeisterung für Iglu bauen kann ich nachvollziehen. Wir haben als Kinder oft welche gebaut, aus gerollten Scheekugeln und dann die Zwischenräume mit Schnee verputzt. Das hat super funktioniert, wenn der Schnee grad die richtige Konsistenz hatte. Das hat mir auch riesig Spaß gemacht, allerdings hab ich nie drin übernachtet.
    Danke für deinen Bericht, ich werde deinen Blog weiter verfolgen.
    Liebe Grüße
    Andreas

  2. Sarah

    Liebe Lisa,
    wow Hut ab! Obwohl ich den Winter total liebe, muss ich sagen: das könnte ich nicht. Ich bin sehr kälteempfindlich…

    Was mich interessieren würde: hat jemand deiner KollegInnen die Nacht im Notbiwak verbracht und gut überstanden?
    Mich würde interessieren, wie ihr beim Schlafen ggf. die Körpertemperatur checkt… Man kann ja auch schon bie 15 °C unterkühlen und wenn man schläft, würde man das vielleicht gar nicht merken…?

    Würd mich echt interessieren…

    Liebe (warme :) Grüße!!

  3. Miuh

    Liebe Lisa, das tönt total spannend – und nach gutem, wichtigem Wissen! Ist das nicht beängstigend beengend in einem Notbiwak, das man dann auch noch zumaurert? Wie se sehr Schnee schützt, finde ich immer wieder beeindruckend! Liebe Grüsse,
    Miuh

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