Freude am Arbeiten

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Von Michael Voit (geb. Hartl)
5. Januar 2013

Eine der häufigsten Reaktionen, wenn Menschen zum Beispiel sehen, dass wir mit der Sense mähen oder mit Handsägen und Äxten Bäume fällen, ist die Frage, warum wir das tun. Ob wir keine Maschinen, Motorsägen, sonstwas hätten. Und auf die Antwort, dass ich das gerne so mache, wird oft ungläubig reagiert. Und von so manchem lieben Menschen hier im Dorf angeboten, dass wir uns die Maschinen von ihnen ausleihen könnten.

Aber wir haben, Dank der Vormieter*innen, sowieso Motorsäge und Rasenmäher hier. Wir nutzen sie auch ab und an – aber eben so selten, wie nur irgendwie möglich. Denn wir lieben es, mit der Sense zu mähen und in Handarbeit unser Holz zu produzieren.

Maschinenlärm und Stress

Es liegt nicht nur daran, dass wir den Lärm dieser Maschinen nicht mögen. Unsere Ohren sind uns zu wertvoll und die Zerstörung der Ruhe in der Natur widerstrebt uns. Es ist auch der Umstand, dass all diese Maschinen zur Beschleunigung von Abläufen dienen. Alles muss ja immer schneller gehen. Bei immer weniger Beteiligung der ausführenden. Beim „Harvester„, einer bodenverdichtenden, monströsen Baum-Killermaschine, ist das in der Forstwirtschaft zum verrückten Extrem ausgeartet. Eine super schwere Maschine, die den Wald schädigt und seinen ständig sitzenden Bediener fett werden lässt.

Immer schneller bedeutet halt auch, immer stressiger für die beteiligten Personen. Ein generelles Problem in unserer beschleunigten Welt. Denn andauernder Stress ist ungesund. Psychisch und körperlich. Das sollte aber bekannt sein.

Produktives Tätigsein

Das sind zwei der Negativpunkte, die uns veranlassen möglichst viel in Handarbeit zu machen. Aber die positive Motivation ist viel stärker, denn wir lieben es einfach, in Kontakt mit dem zu sein, an dem wir arbeiten. Ich sehe die Arbeit in der Natur als eine der schönsten Tätigkeiten, weil es artgerecht für Menschen ist, wie es ein lieber Freund kürzlich formuliert hat. Und wegen der Ruhe in der Natur, die ich sicher so wenig wie möglich stören möchte.

Es ist unser persönliches Fitnesscenter, wenn wir möglichst viele Wege mit dem Fahrrad zurücklegen, ich meine Armmuskulatur verwende, um Bäume zu fällen, meinen Rücken, um zersägte Baumstämme zu transportieren, und meine Hände, um mich um Pflanzen und Erde zu kümmern.

Michael mit der Sense auf der Schulter

Wenn ich Arbeit der Definition nach als eine auf wirtschaftlichen Erwerb gerichtete Tätigkeit ansehen würde, dann müsste ich vielleicht auch hoffen, dass sie schnell vorüber geht. Und würde vielleicht den Lärm einer Maschine brauchen, um meinen Kopf zu betäuben. Und noch mehr mein Herz.

Wenn ich meine Arbeiten im Garten, auf dem Feld und im Wald aber als produktives Tätigsein ansehe, dann ist es einfach Sein. Und das werde ich sicher in vollem Umfang auskosten. Denn das ist mein Weg zur Zufriedenheit.

Ich verwende hier den Begriff „produktives Tätigsein“ wie ich ihn im Buch „Haben oder Sein“ von Erich Fromm verstanden habe.

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Dieser Artikel ist mehr als ein Jahr alt. Es muss daher nicht sein, dass wir jedes einzelne Wort immer noch so schreiben würden wie damals. Wenn Fragen sind, kommentiere einfach zum Artikel, dann antworten wir Dir gerne.

25 Gedanken über “Freude am Arbeiten

  1. Luise Globig

    Es gib Förster, auch im Nationalpark, die sich sehr viel Mühe geben zu erklären warum ein Harvester für den Wald besser sei als der Einsatz einer Motorsäge, oder gar das Stehenlassen der „unerwünschten“ Bäume. Schon nach relativ kurzer Zeit könne man nicht einmal mehr erkennen wo der Harvester zum Einsatz gekommen wäre, während man den Einsatz von Motorsägen noch Jahre später erkennen würde, vor allem da die so stehenbleibenden Stümpfe lange zum Verrotten bräuchten.

  2. Michaela

    In unsern 600m2 Garten lassen wir einen großen teil des Wiese stehen dort beglücken uns brlaue und Weise Glockenblumen , Schafgabe, Berufskraut und noch vieles mehr :-) Wird 2 mal im Jahr mit der Sense geschnitten( Besser gesagt wir versuchen es sind Blutige anfänger :-) den restlichen Garten wird mit einen Handrasenmeher gemeht. Auch wie mein Patner voriges Jahr einen Leistenbruch hatte und ich hoch schwanger war haben wir es geschft. Blöde Witze bleiben natürlich nichts aus aber daran merken wir das wir es richtig machen. Den die die über unser Leben scherzen sind solche menschen die ihre gröste zeit von der Glotze verbringen und schon schimpfen wenn sie einmal in der Woche den elektrischen Rasenmeher anwerfen müssen :-)

  3. Erwin Hopfgartner

    Hallo Michael,
    ich finde deine Art zu leben schön. Nur stellt sich mir die Frage, was ist dein Beitrag zur Gemeinschaft? Denn ganz auserhalb und ohne der von der Gemeinschaft zur Verfügung gestellten Infrastruktur wirst auch du nicht durch dein Leben kommen.
    Ich selbst bin heute 58 Jahre alt, habe in meinem Leben in 42 Jahren ca. 160.000 Arbeitstunden geleistet, meist mit hohem Einsatz und Tempo. Dies hat mich kaputt gemacht. Burn Out-Klinik und Rehab über 2,5 Jahre. Ich bin heute wieder fit. Und jetzt gehe ich auf meine Hobbiefarm nach Canada und werde mich dort weitgehend selbst versorgen allerdings schon mit schonenden Einsatz von Geräten und Maschinen weil ich mich nicht mehr so abmühen möchte. Denn da ich etwas Geld habe reizt mich eben schon ein freies und selbstverantwortliches Leben, wobei Nachhaltigkeit eine große Rolle spielt. Ich wünsche dir weiterhin eine tolle Zeit auf deinem Weg.

    1. Avatar-FotoMichael Hartl Beitrags Autor

      Lieber Erwin,

      ich arbeite rund 20 Stunden die Woche als Selbständiger (zahle dementsprechend Steuern und Versicherungen), engagiere mich ehrenamtlich in mehreren Vereinen und bringe mich so gut es geht in die Gemeinde hier ein. Das ist mein Beitrag zur Gesellschaft. :)

      Dir viel Freude im neuen Leben!

  4. Michael

    Im kleinen stimme ich dir zu. Aber: Das Problem ist das liebe Geld. Ich bin in der Grünpflege tätig. Bei dem Preisdruck geht es nur so. Ich habe unserem Geschäftsführer schon vorgeschlagen, das Laub und den Grünschnitt energetisch zu nutzen im Rahmen der Stadtwerke Potsdam. Aber wie es allzu oft heute ist: es kommt nicht darauf an was man sagt, sondern wer es sagt. Und das ist schade. Selbst die Wohnungsgenossenschaften reagieren skeptisch, wenn man den Vorschlag macht, das Laub mit dem Mäher aufzunehmen und klein gehäckselt gleich in den Beeten als Mulch zu verteilen. Das sieht nicht schön aus oder das gefällt den Mietern nicht.

  5. Die Kärntnerin

    Schöner Artikel, Freude und Arbeiten passt für viele Menschen leider nicht mehr zusammen, manche können sich gar nicht vorstellen, dass Arbeit Spaß macht. Burnout oder Boreout vorprogrammiert.

    Bei den Maschinen bin ich auch ganz deiner Meinung, am liebsten so wenige wie möglich benutzen. Aber, dass der Stress direkt davon kommt, das glaube ich nicht (so ganz). Da spielen in unsrer ZEit wohl viele Faktoren mit.

    Man muss sich da nur einige alte Bauern aus unsrer Umgebung ansehen. Wenn sie Weingärten und Felder bearbeiten, Holz schneiden, Rasen mähen. Alles maschinell und doch mit einer Ruhe und Gelassenheit, da kann man sich was abschaun!

    1. Michaela

      Ja die alten Bauern sind schon bewundernswerd :-) Wir haben hir auch einige Weinbauern die noch mit 85 mitn Fahrad den Weinberg rauffahren wo ich schon mitn Kinderwagen keuche. Ich treffe jedesmal beim spazieren gehen eine alte Weinbäuerin die ist bei jeden Wetter bei in die Weinberg. Sie haltet es zuhause nicht aus. :-) Nicht nur das sie fitter ist als ich mit meinen 31 sondern ihr aussehen alle achtung fast keine Falten und das mir 85 :-) Gutens Vorbild :-)

  6. Marie - Hinterw&auml

    Das ist mal wieder ein richtig schöner, wichtiger Beitrag von euch. Man hätte den Artikel auch direkt "Freude am Schaffen" nennen können :-) In meinem Umfeld kann ich auch beobachten, wie manche Leute eine Art Angst vor der Langsamkeit entwickelt haben. Als wäre der Tag erfüllter, wenn ich mehr Gerenne hineinstecken würde. Diese Denkweise erschließt sich mir irgendwie nicht so richtig… Drum habe ich auch nie einen Führerschein gemacht – das sieht mir so nach unnützer Arbeit aus. ;-)

  7. Walter Hempe

    Hallo,

    "Wenn ich Arbeit der Definition nach als eine auf wirtschaftlichen Erwerb gerichtete Tätigkeit ansehen würde, dann müsste ich vielleicht auch hoffen, dass sie schnell vorüber geht."

    Das ist ja der Witz bei der Sache, niemand arbeitet durch den Einsatz der Maschinen weniger, dann könnte ich es ja noch verstehen, alle arbeiten effektiver und mehr.

    Einen Teil meines Erwerbslebens bestreite ich für den Erwerb der Geräte – würde ich die nicht kaufen, könnte ich daheim bleiben und müsste nicht nach dem stressigen Job ermüdet vor dem Fernseher dahindämmern.

    Früher haben wir von den 8 Stunden auf der Baustelle höchstens 6-7 Stunden gearbeitet, der Rest war verschnaufen von der anstrengenden Arbeit. Heute bist du mindestens 8 Stunden am Arbeiten.

    Ich habe vor 30 Jahren mein Auto abgeschafft und arbeite dafür eine Woche im Monat weniger. Die 2 eingesparten Stunden verbringe ich dann für die An- und AbFahrt auf dem Fahrrad.

    Nebenbei kann ich die Reperaturen am Fahrrad noch selber machen.

    Grüsse

    1. Doreen

      Wow, seit 30 Jahren ohne Auto – und du lebst noch? ;-)

      Ich habe seit nunmehr zehn Monaten keines mehr und die Reaktionen darauf sind mitleidige, irritierte und ungläubige Blicke. So als würde mir ein Bein fehlen oder ähnlich schlimmes.

      Auf jeden Fall war die Abschaffung eine Befreiung!

  8. Anna

    Hallo lieber Michael,

    du hast ja so recht.

    Ich kann unsere Küchenmaschine und vor allem den Staubsauger schon allein des Lärmes wegen nicht mehr ausstehen. Dann wollen sie noch ständig repariert werden.

    Liebe Grüße

    Anna

  9. Helga

    Am schlimmsten finde ich im Herbst die Laubsauger. Da wird erst mal alles lose Laub mühsam in Reihen oder auf Haufen gepustet, ehe es dann aufgesaugt wird. Wenn gleichzeitig ein leichter Wind weht, ist schon wieder ein Teil des Laubes auf Abwegen, bevor es aufgesaugt werden kann. Das Gerät verbraucht Energie, erzeugt Lärm und Abgase und vernichtet kleine Tiere, die im Laub Schutz gesucht hatten. Oftmals ließe sich die gleiche Arbeit mit einem guten Laubbesen viel effektiver erledigen.

    Liebe Grüße Helga

    1. Doreen

      Du sprichst mir aus der Seele! Eine unnützere Erfindung, als die des Laubsaugers, gibt es ja wohl kaum. Die scheint aber auch irgendwie jeder zu besitzen. Im Dezember hatte ich meinen Frust über das Gebrüll der dusseligen Geräte auf meinem Blog Luft machen müssen.

  10. Hilke

    Dieses "produktive Tätigsein" ist auch das, was mancher (so auch ich) leicht vermisst, wenn man eine simple Bürotätigkeit oder ähnliches als Arbeit hat. Anders dagegen, wenn man einen Job hat, wo man wirklich etwas erschafft (in meinem Fall nun Bücher :) ). Die Natur des Menschen ist eben das Erschaffen und nicht das simple Herumsitzen und Knöpfchen drücken.

  11. kuechenzettelblock

    Das Ergebnis von Handarbeit ist wenigstens Wertschätzung wert. Wie soll das bei seelenloser Maschinenarbeit gehen?

    Besonders toll finde ich es ja, nach einem 8-Stunden Bürotag noch mit der Stinkekiste ist Fitnessstudio zu fahren um sich da auf ein stationäres Fahrrad zu setzen, anstatt gleich mit dem Fahrrad zur Arbeit zu fahren…

  12. Thomas

    Gute Einstellung! Was mir im Artikel allerdings auffällt, ist wie Du zuerst von der Arbeit mit der Motorsäge sprichst und nachher einen Link zum Harvester postest. Da liegen aber schon Welten, wenn nicht gleich Universen dazwischen…

    Wieviel Holz sägst Du alleine so mit der Handsäge (in Raummeter ausgedrückt)? Und wie dick sind die Bäume die Ihr zu Brennholz verarbeitet? Hast mal ein Bild von Dir/Euch im "Einsatz"?

    Grüssle – Thom

    1. Katja

      Den Gedanken hatte ich auch – es gibt ja wie immer den goldenen Mittelweg…. Da wir unseren kompletten Heizbedarf mit unserem eigenen und selbst erwirtschafteten Holz bestreiten, muss mein Mann schon einige Ster heranschaffen! Nur mit der Axt wäre er da wohl ganz schön lang beschäftigt und total abgerackert.

      Trotz Motorsäge, Traktor mit Holzzange und Kreissäge ist die Produktion des eigenen Brenn (und Bau-) Holzes eine befriedigende Arbeit für ihn, die er in der Natur macht und die er liebt. Klar ist es mal kurzzeitig laut, aber nicht die ganze Zeit. Holzarbeiten ist ja nicht nur das abschneiden & verarbeiten des Baumes, es hängt ja viel mehr dran. Durch den Wald gehen, schauen, was sollte raus, wo forsten wir auf, ist alles in Ordnung….. Das alles ist leise, und gut für die Seele. So haben wir beides, eigenes Holz- aber auch noch ein bissl Zeit nebenbei was anderes zu machen :)

      P.S. das soll jetzt natürlich keine Kritik dran sein, wie ihr es macht – jeder muss es sich passend machen für seine Situation. Ich wollte nur festhalten, dass man auch mit leichtem Maschinen-Einsatz ein positives Erlebnis bei der Waldarbeit haben kann!

      Gruß aus dem schönen Niederbayern!

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