Du bist die Designerin des Wandels

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Von Michael Voit (geb. Hartl)
10. Mai 2018

Es gibt so viele gute Ideen da draußen und so viele engagierte Menschen – und trotzdem kommt an manchen Tagen das Gefühl in mir auf, dass sich eigentlich nichts verändert, in unserer Gesellschaft. Das wir Gefahren und Schieflagen, egal ob ökologisch oder sozial, erkennen, benennen und Lösungen diskutieren – aber weiter auf manche Szenarien zurauschen, als hätten wir es eben nicht erkannt, benannt und diskutiert.

Haben wir also vielleicht gar keinen großen Einfluss? Sind es irgendwelche Big Player oder Schatten-Mächte, die bestimmen, wohin sich die Welt entwickelt? Sind es nun wir Einzelne, die Gesellschaft als Ganzes, die Politik oder die Wirtschaft, die das Ruder in der Hand hat?

Der Einfluss der Gesellschaft

Die Gesellschaft ist einerseits wie ein lebendiger Organismus, in dem sich Neues einfach entwickeln kann. Wie von alleine. Manche Verhaltensweise verbreitet sich einfach, weil eine Person von der anderen kopiert und sich gute Ideen einfach durchsetzen. Oder auch verrückte Ideen, je nach Blickwinkel. Die Welt entwickelt sich so gesehen auf jeden Fall organisch, keine Frage – aber sie wird eben auch gestaltet. Und nicht alle Akteure und Gestalterinnen haben die gleichen Ideen von einer erstrebenswerten Zukunft. Wenn also nur jene gezielt und geplant agieren, um die nächsten Schritte unserer Gesellschaft zu beeinflussen, die egoistisch handeln oder rücksichtslos, dann verlieren wir Potential. Wenn wir uns aber einbringen, gestalten wir mit.

Foto eines Kindes von hinten auf einer Demo mit einem umgehängten Schild: We can be Heros just for one day.
Foto von Jessica Podraza / Unsplash.com

Die Macht der Politik

Eine Form des Mitgestaltens, vielleicht sowas wie das Minimum, das eine Staatsbürgerin einbringen kann, ist zu wählen. Eine Partei wählen, die dann hoffentlich gute Politik macht. Aber können Parteien ihre Wahlprogramme tatsächlich einfach umsetzen? Können Änderungen von oben angeordnet werden?

In Demokratien können Regierungen nicht den Bürger*innen vorauseilen. Das wäre je nach Gesetzesbeschluss die garantierte Abwahl bei der nächsten Wahl, oder früher. Aber die Politik könnte mehr und mehr Rahmenbedingungen schaffen. Eine marktorientierte wären Förderungen für Elektroautos – wobei diese hauptsächlich ja wieder nur eine Verschiebung von Konsum darstellt. Interessanter wären Ansätze, bei denen Rahmenbedingungen geschaffen werden, in denen neue Konzepte reifen können. Steuerfreiheit für gemeinnützige Car-Sharing-Vereine, kostenlose Räumlichkeiten für offene Werkstätten und angepasste Auflagen für alternative Bau- oder Wohnprojekte. Eine zukunftsermöglichende Politik mit Augenmaß. Diese könnte aufhören, den Wandel zu erschweren, aber erzwingen kann sie ihn nicht.

Der Spielraum der Wirtschaft

Firmen haben einen bestimmten Zweck: Sie existieren im schlechtesten Fall, um so viel Profit für die Eigentümer*innen der Firma zu machen, wie es nur geht – koste es, was es wolle. Im besten Fall existiert eine Firma, um einen sozialen oder anderen guten Zweck zu dienen. Aber auch diese Firmen müssen zumindest so viel Geld verdienen, dass sie ihre Kosten decken und – wieder sehr ideal formuliert – die Menschen die in ihr arbeiten gerecht zu bezahlen. Das bedeutet aber, dass selbst Firmen wie meine eigene kleine Agentur für optimierte Websites und die Betreuung von Online-Projekten, die von Idealist*innen aufgebaut und betrieben werden, immer nur so weit in Richtung einer anderen Form von Kooperation und Wirtschaften gehen können, wie eine ausreichende Zahl von Menschen dies mitgehen. Denn jede Dienstleistung und jedes Produkt muss ausreichend gekauft werden, damit das funktioniert.

Foto einer Laterne mit einem aufgeklebten Plakat: Planet Earth first
Foto von Gem & Lauris RK / Unsplash.com

Du und ich

Aus welchem Blickwinkel auch immer ich mir das also ansehe – ob ich Politik, Wirtschaft oder „die Allgemeinheit“ in den Fokus nehme, mein Ergebnis ist immer das Gleiche: Es werden nicht „die anderen“ für mich oder Dich lösen. Klar müssen auch diese Teile unserer Gesellschaft ihren Beitrag leisten und die richtigen Rahmenbedingungen setzen. Es wird aber keinen Wandel geben, der einfach passiert. Oder vielleicht doch, wie der Wirtschaftswissenschaftler Niko Paech es beschrieben hat. Aus seiner Sicht wird es definitiv nicht so weitergehen wie bisher und es wird sich deutlich verändern; Entweder „by design“ oder sonst eben „by desaster“.

Wie kann also jede Einzelne von uns dazu beitragen, dass der Wandel kommt, den wir für unser aller Zukunft wollen?

Wenn wir die drei Bereiche von oben nehmen, dann kannst Du natürlich Unterstützerin von Wandelakteur*innen werden:

  • Bestärke Menschen in Deinem Umfeld darin, Schritte in eine wünschenswertere Richtung zu gehen, und sage ihnen, was Du toll an ihrer Lebensweise oder ihren Aktionen findest.
  • Stärke politische Initiativen, die sich zum Beispiel mit Bürger*inneninitiativen, Genossenschaften oder direkt in der parlamentarischen Demokratie für Veränderungen der Rahmenbedingungen einsetzen.
  • Achte bei Deinen Einkäufen darauf, welche Firmen zumindest mehr in die Richtung gehen, die Du Dir wünschst.

Und wer darüber hinaus selbst aktiv werden kann, wird mehr Möglichkeiten finden, als Zeit dafür verfügbar ist. Wieder nur Beispiele anhand der Bereiche Gesellschaft, Politik und Wirtschaft:

  • Starte Wandelprojekte wie Gemeinschaftsgärten, Tauschkreise, Carsahring oder vernetze Menschen in Deiner Region auf andere Weise, die Alternativen zu Märkten und Abschottung darstellen.
  • Bring Dich in die Politik ein – egal ob auf lokaler, regionaler oder bundesweiter Ebene. Starte Kampagnen und engagiere Dich in Parteien – je nach dem, was Dir liegt. Und geh zur Bürgerversammlung oder öffentlichen Stadtradtssitzung, wenn es um Themen geht, die Du mitgestalten willst.
  • Überlege immer auch die Nicht-Option, wenn es um Deinen Konsum geht. Ansonsten kauf strategisch – und setz Dich an Deiner Arbeitsstelle für sozialere, ökologischere und insgesamt nachhaltigere Bedingungen ein. Oder gründe sogar ein Unternehmen, dass es einfach ein paar Schritte „besser“ macht.
Foto einer rötlichen Sonne in den Bergen
Foto von Artem Sapegin / Unsplash.com

Auf geht’s!

Ich glaube, dass es für jede Person, die etwas bewegen will, einen Ansatzpunkt gibt. Und sei es anfangs nur im ganz Kleinen. Aber zum einen sind es die vielen, vielen kleinen Schritte, die große Veränderungen ermöglichen – und zum anderen können wir nur von anderen verlangen, was wir selbst vorleben. Und das ist, woran Du immer arbeiten kannst: Deinen Weg finden, auf dem Du Deinen Idealen möglichst oft treu bist – als Vorbild für Dein Umfeld. Denn was wir eingangs beschrieben hatten, trifft hier dann zu: Manche Verhaltensweise verbreitet sich einfach, weil eine Person von der anderen kopiert und sich gute Ideen einfach durchsetzen. Auch, wenn es manchmal länger dauert.

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Dieser Artikel entstand, als ich mir Gedanken zu einem Artikel für die Zeitschrift Oskar von Wohnwagon* gemacht habe. Für die aktuelle Ausgabe habe ich erneut geschrieben und freue mich, dass zwei Artikel abgedruckt wurden. Im Artikel zu den Wandelprojekten geht es im Heft noch deutlich umfassender um die Möglichkeiten, die Du hast, aktiv zu werden!

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Dieser Artikel ist mehr als ein Jahr alt. Es muss daher nicht sein, dass wir jedes einzelne Wort immer noch so schreiben würden wie damals. Wenn Fragen sind, kommentiere einfach zum Artikel, dann antworten wir Dir gerne.

4 Gedanken über “Du bist die Designerin des Wandels

  1. Huma

    Wandel indem wur nicht wandel:
    Können wir Menschen auch uns ändern, indem wir eine Zeit lang nichts tun? Wie die Tiere ein Winterschlaf für drei Monate machen, indem wir Meditieren, mehr mit uns selbst sein als soziale Kontakte erhalten? Wie über den Winter kein fachbook, whatsupp Nachrichten schreiben nur die wichtigsten Kontakte erhalten. Dieser Schlaf hilft uns unsere Zellen zu erneuern? Die ganze Menschheit im Winterschlaf .

    1. Dagmar

      Autarkie und Selbstversorgung klingt ja gut, ist nur leider nicht für alle praktizierbar. Und nicht zu wählen ist auch keine Lösung, weil die Rahmenbedingungen ja immer noch von der Politik gemacht werden.

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