Der Befähigungsansatz ist zunächst einmal ein theoretisches Konzept, das Martha Nussbaum mit Amartya Sen für die Vereinten Nationen entwickelt hat. Was heißt das für uns? Für uns heißt das, dass Nussbaum und Sen versucht haben zusammenzufassen, was ein gutes Leben durch das Zusammenspiel von individuellem Vermögen und den institutionellen Rahmenbedingungen ausmacht.
Martha Nussbaum wurde am 6. Mai 1947 in New York City geboren und ist Philosophin und Professorin für Rechtswissenschaften und Ethik an der University of Chicago. Nach Martha Nussbaums Ansatz setzt sich das menschliche Wohlergehen aus den zwei Bereichen effektive Fähigkeiten und realisierte Zustände und Tätigkeiten zusammen.
An dieser Stelle möchte ich meinen Fokus ganz bewusst darauf legen, was wir als Individuen selbst realisieren können. Unsere Aktionen als Individuum spielen bei unserem allgemeinen Wohlempfinden nämlich eine wichtige Rolle. Unterschiedliche Menschen benötigen individuelle Wohlfühl-/Wohlstands-Faktoren. Interessant ist, wie wir als Individuum zum allgemeinen Wohlstand beitragen können.
Sorgen mehr Fähigkeiten für mehr Zufriedenheit?
Für Martha Nussbaum gibt es ein Set von Grundfähigkeiten, die für ein würdevolles Leben notwendig sind. Dazu gehören zum Beispiel die Bindungsfähigkeit, die Spielfähigkeit und die praktische Vernunft. Interessant ist, welche Art von Fähigkeiten uns dabei helfen äußere, möglicherweise nicht ideale Umstände dennoch für uns in ein positives Lebensumfeld umzuwandeln. Ich denke dabei vor allem an politische Instabilität.
Natürlich ist das kein Umfeld, in dem man sich gerne bewegt. Doch hat man beispielsweise die Fähigkeit sich konstruktiv in diesem Umfeld zu verwirklichen und auf das eigene Umfeld mit positivem Einfluss einzuwirken, dann wird klar, wie wichtig die individuellen Fähigkeiten sind. Und möglicherweise sehen wir hier auch manchmal, wie suboptimale äußere Bedingungen ganz neue Fähigkeiten und Bestrebungen in uns erwecken.
Jetzt wird es Zeit für meine eigene Geschichte. Ich bin im September letzten Jahres mit meinem Kind zu einer Weltreise aufgebrochen. COVID-19 hat unseren Plänen dann nach nur sechs Monaten einen gehörigen Strich durch die Rechnung gemacht. Natürlich sind diese Umstände weder wünschenswert, noch garantiert förderlich für das eigene Wohlergehen.
Und dennoch konnte ich durch die vielen neuen Herausforderungen, die das Corona-Virus in meine Welt gebracht hat, doch einige neue Fähigkeiten erwerben, die mir auch noch lange nach der Pandemie nützen werden. Grob gefasst hat mich also die Kombination aus einer suboptimalen Situation und meinen bereits im Ansatz teilweise vorhandenen Fähigkeiten dazu befähigt über mich selbst hinauszuwachsen. Für meinen Wohlstand und mein Wohlergehen ein absolutes Upgrade.
Der Befähigungsansatz in unserem Alltag
Blicke ich mich in meinem Freundeskreis um, sehe ich viele neue Projekte und Ideen, die während der Corona-Zeit entstanden sind. Hier geht es oft um Selbstversorgung und Solidarität. Täglich gehe ich am Neuköllner Soli-Zaun vorbei, erlebe, wie Menschen enger zusammenwachsen und auch mal den Fokus ganz neu auf ihr Innerstes richten.
Nach der Theorie von Martha Nussbaum ist klar, dass der individuelle und gesellschaftliche Wohlstand eng verknüpft sind. Für mich ist klar, dass das stimmt, aber wir durch unsere individuellen Fähigkeiten oftmals die Möglichkeit haben, weit über das hinauszuwachsen. Das führt zu sehr viel mehr Wohlstand auf ganz verschiedenen Ebenen. Für mich ist also viel interessanter, wie unser individueller Wohlstand (und hier rede ich nicht nur vom gut gefüllten Bankkonto) unseren gesellschaftlichen Wohlstand beeinflussen kann.
In unserem Alltag gibt es viele Gelegenheiten, das Zusammenspiel zwischen individuellem Wohlstand und allgemeinem Wohlstand zu beobachten. Immer wieder wird dabei deutlich, dass durch unseren Einsatz als Individuum auch der Wohlstand um uns herum steigt. Und hier spreche ich nicht nur von offenen Werkstätten, sondern auch vom Nachbar, der für die alte Dame von gegenüber mitkocht.
Es sind die kleineren und größeren Bemühungen und Projekte, die das Wechselspiel beflügeln. Täglich nutzen wir den institutionellen Rahmen, um unseren Wohlstand auf das nächste Level zu heben. Und dabei helfen uns unsere Fähigkeiten ungemein!
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Wohlstand macht sich eben auch an den allgemeinen und individuellen Verwirklichungschancen fest. Daher meine Frage an dich: Was hast du in den letzten Monaten gelernt, dass dich dazu befähigt, auch bei problematischen äußeren Umständen einen positiven Effekt zu erzielen? Wo und wie erlebst du den Befähigungsansatz selbst?
Ja !!!!
Äußere beengende verhältnisse lassen mich den blick auf das, was möglich ist , richten u.meine INNERE freiheit bekommt flügel.
Sooooviel, was möglich ist zu verwirklichen !
Abgesehen davon ,dass oft kl.beschränkungen den blick auf das, was eh schon da ist, freimacht.
Weniger ist oft mehr an qualität !
In der pandemie schätzte ich die verbindung zu meinen freundinnen noch mehr u.
begann, ausflüge in die nahe umgebung zu machen.
Und es stieg d.dankbarkeit,
dass ich so viele vorhaben lassen kann u.mit dem, was entsteht u.was ich im kleinen entdecke, dankbar bin.
Eine f.mich bereichernde zeit
Der blick nach innen u. die zufriedenheit mit wenigem macht mich glücklich.