Seit mehreren Wochen lässt es mich nicht mehr los, dieses Thema: Kinder die immer weniger Zeit in der Natur verbringen und die daraus resultierenden Folgen…
Im Zusammenhang mit unserem Zukunftsprojekt – Leben auf einem Selbstversorger*innenhof – sind wir sehr bald auf das Thema Kinder gekommen: Wie mag es wohl für Kinder sein auf einem solchen Hof zu leben? Mehr oder minder „abgeschieden“ von der „Realität“ und so viel „eingeschränkter“ als andere Kinder aufgrund eines sehr einfachen Lebensstils?
Fragen über die ich nachdachte, in der Sicherheit einmal damit konfrontiert zu werden. Das war es, worüber sich mein gesellschaftlich geprägtes Ich den Kopf zerbrach. Mein Bauch sagte mir gleichzeitig, dass es nur richtig sein kann. Der Gedanke an Kinder, die in ihren Kinderzimmern sitzen und sich trotz mehreren Dutzend Spielsachen zu Tode langweilen, lässt mich schaudern.
Sei doch mal kreativ!
Wer hat das nicht schon mal gehört? Aber wie bitteschön sollen Kinder heute lernen kreativ zu sein, wenn ihnen „moderne“ Spielsachen so gut wie alles vorgeben? Ich erinnere mich noch gut, wenn mir meine Eltern oder Großeltern immer erzählt haben, wie wenig Spielzeug sie hatten und wie schön es trotzdem war. Klar, vergangenes wird tendenziell immer besser bewertet. Aber ich selbst habe meine schönsten Kindheitserinnerungen nicht von Barbiehäusern (damit habe ich drei mal gespielt) sondern vom Spiel mit alltäglichen Krimskrams: Wäscheklammern, Steinchen, Schnüre, Höhlen bauen aus Stühlen, Kissen und Decken…
Natürlicher Bewegungsdrang und Freiraum
Den meisten Eltern wäre es wahrscheinlich am liebsten, ihre Kinder blieben am besten in ihren geschützten Zimmern. Lauf ja nicht zu weit weg! Der Bewegungsradius der Kinder schrumpft zunehmend. Durfte sich unsere Elterngeneration noch mehrere Kilometer von zuhause entfernen, (allein der weite Schulweg!) beschränkt sich der unbeaufsichtigte Freiraum oft nur noch auf die eigene Wohnsiedlung. Oftmals ist das sicher schon das höchste der Gefühle, angesichts dessen was man Kindern versucht mit Playstation und Co. zu bieten (mir ist schon klar, dass solche Dinge von manchen Eltern auch widerwillig gekauft werden und manche Kinder es dank Werbung „von sich aus“ wollen).
Dabei brauchen Kinder Platz. Platz um sich zu bewegen und zu entfalten. Orte wo sie laufen, balancieren, springen und sich verstecken können. Orte wo sie riechen, schmecken, anfassen und beobachten können. Orte wo sie auch mal allein, selbstständig und nur unter Kindern sein können.
Von einem Kind, dass beim Spielen im Freien mal ausgelassen umher schreit und wild herumstampft wird kaum jemand behaupten, dieses Kind sei aggressiv. Würde ein Kind, mangels anderer Möglichkeiten, diese Energien aber in Form von Schlägen gegen MitschülerInnen raus lassen, sähe die Situation schon anders aus.
„Versuchskaninchen“
Durch die Uni habe ich auch angefangen Texte zu dem Thema zu lesen. Ein „älteres“ Werk von Richard Louv (Last Child in the Woods – deutsche Zusammenfassung) und ein frisch gepresstes Exemplar von Andreas Weber’s Mehr Matsch versuche ich gerade parallel zu lesen. Beide fordern mehr Natur, oder wie Weber sogar im Buchtitel „Mehr Matsch!“, für Kinder und sprechen mir damit aus der Seele.
Passenderweise bin ich auch noch in ein Projekt von der Uni involviert, bei dem wir uns erlauben Volksschulkinder (aus Wien) in den geforderten Matsch zu schubsen. Ein Gartenprojekt! Die Innenhöfe wurden mühselig (jaja, die mit aggressiven Stauden zugewucherten Flächen waren kein leichtes Spiel) „un“krautfrei gemacht und die kleinen Hände haben potenzielles Leben, in Form von Samen, in die Erde gesteckt.
Anfängliches „Iiiiihhhh!“ und „Wäääh!“ beim Anblick von Regenwürmern hatte sich schnell erledigt und die glitschigen, fingerdicken Würmer wurden in einem Kübel mit Erde gerettet. Selbst mit „ekelhaften“ Spinnen wird mittlerweile gespielt und sie werden behütet wie empfindliche Schätze.
Mein Lieblingszitat aus dem bisherigen Projektverlauf von einer Sechsjährigen: „Ich liiiiiiiiebe Gatsch!“
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Das und viele Gespräche zum Thema Kinder und Naturerfahrungen bestätigen seither meinen ersten Gedanken: Kinder gehören raus ins Freie, raus in die Wildnis! Kein Spielzeug der Welt kann die mangelnden Naturerfahrungen wieder gut machen…
Eure Meinung?
Tolles Thema, an das ich momentan auch öfter denken muss und das mich auch gleich zu eigenem Gedankengut inspiriert hat!
Ich gehe bis heute gerne raus in den Matsch – das sollte man niemals verlernen und jedem Kind anbieten.
Ich denke auch, dass Matsch viel ungefährlicher für Kinder ist, als z.B. das Fernsehen und unser liebes Internet ;) Aber im Ernst – kein Elternteil wird seinen Kindern wohl das Recht auf Natur abstreiten wollen, aber es ist – wie viele bemerken – leider weniger und seltener geworden.
Im Nachhinein ist es enttäuschend, dass man vor lauter Überreizung so viel simples und einfaches Toben in der Natur nicht genug gefördert hat (vllt weil die Möglichkeiten, oder die Zeit fehlen?).
Eine gute Mischung aus beiden „Welten“ ist vllt eine realistische Lösung. Es ist ja schrecklich, dass man da überhaupt so einen Unterschied zwischen Stadt und Land machen muss… glücklich ist, wer beides in seinem Alltag vereinen kann, damit kein Gefühl der Ausgrenzung entstehen muss.
Ich habe in letzter Zeit von jungen Menschen um die 20 oft gehört, wie sie eine klare Trennung zwischen Stadt und Land in ihren Gedanken vollziehen. Kann man dem denn nicht irgendwie entgegenwirken?
Am WE bin ich über den Artikel gestoße und habe ihn zum Anlass genommen, mir auf meinem Blog Gedanken darüber zu machen. Denn so eine tolle Kindheit bringt leider nicht nur Vorteile, aber extrem viel Spass :)
http://www.trollenland.blogspot.de/2014/01/rettet-die-kindheit.html
Liebe Grüße, Helena
Ihr sprecht mir aus der Seele!
Ich bin gerade dabei ein Treffen im Mai im Raum Frankfurt zu organisieren, wobei es um die Gründung einer weiterführenden Schule geht. …nach dem Motto:“ Be the change you want to see in the world“ Eine von drei tragenden Säulen in meinem Konzept ist eben diese Outdoor/Wildnis-/ Naturpädagogik! Mindestens 60% des Unterrichtes sollen draussen stattfinden. Naturerlebnis, Wald, Kräuterkunde, Survival Techniken, Klettern, Schwimmen, Matschen, Abseilen, Grenzen wahrnehmen und akzeptieren, Gemeinschaftsgefühl, Elemente spüren und vieles mehr sind Stichpunkte zu dem „ersten Grundpfeiler“ und ich kann nur sagen : jaaaaaaaaaa! Lasst die Kinder rennen, damit sie danach auch entspannt drinnen arbeiten können! Und lernen geht überall… und gerade da am Besten! :) Lg, Saraphi
Hey Sabrina, die Gründung dieser weitergehenden Schule klingt sehr spannend. Gibt es schon nähere Informationen dazu?
wir haben 3 kinder (5, 8, 9) und versorgen uns so gut es geht selbst. Die Kinder haben Wald, Wiesen, Gemüse-, Blumen- und Kräutergarten, Obstwiese, sie kennen sich mit allen Pilzen aus, bauen Baumhäuser, Gatschlöcher, in der Werkstatt Seifenkisten, arbeiten mit Hammer, Säge, Nägel, usw… Für uns ist das ganz normal. Ich bin auch so aufgewachsen.
Das einzige, was das alles zerstören könnte: Verpflichtende Ganztagsschule!
Ich bin Anfang der 80er am Rande eines Naturschutzgebietes aufgewachsen, durfte als kleines Kind viel „streunen“ gehen (ohne zeitliche Begrenzung) u habe mit meiner Cousine Frösche u Würmer gesucht oder auch Käfer gesammelt… eine schönere Kindheit hätte ich mir nicht wünschen können: „frei“ gelassen (von den Eltern) – trotzdem behütet – und fernab von Großstadt/Innenstadt.
Allerdings muss man zugeben, dass die Bedingungen, in den 80ern aufzuwachsen, stark von denen heute abweichen – ein Computer zuhause war eine Seltenheit, Handy hatte niemand, nachts gabs das Testbild, die Löhne der Eltern reichten zumindest meistens zum Leben, so dass es noch nicht soviele Schlüssel- oder Hortkinder gab…
Liebe Lisa,
als Oma von einem 16 Jährigen Enkel kann ich keinen Einfluß auf dessen Lebensführung nehmen.Meine Tochter hat ihn sehr früh an die modernen Medien geführt. Wenn er bei mir war gabs vorwiegend Oma-Enkel-Programm, d.h. raus in die Natur. Zuhause trommelten wir- lasen vor oder es gab Wohlfühl-Programm.Bin seit einigen Jahren weiter weggezogen und wenn ich auf Besuch komme, finde ich meinen Enkel in seiner Medienburg vor-immer ganz wichtig mit irgendeinem Belohnspiel (Level muß erreicht werden)beschäftigt. Daneben stehen jetzt noch Sportgeräte- so daß das Zimmer vollgestopft ist. Er ist immer noch mein lieber Junge aber so daneben.Seine Mutter sagt, ich würde das falsch sehen-na ja sie sitzt ja auch privat und beruflich viel am Computer.Mein Herz blutet- lade ihn zu mir ein- er kann aber nicht mal eine kleine Strecke mit der Bahn fahren-er ist nicht fürs Leben vorbereitet.Ich gehe sogar soweit- er ist süchtig.Das raubt mir manchen Schlaf. Gut, daß ich mir auf diese Weise mal Luft machen konnte und wünsche mir starke Mütter, die nicht so handeln wie meine Tochter….
Schönes Thema :-))))). Deshalb gibt es ja immer mehr Bauernhofkindergärten :-).
Liebe Lisa, danke für diesen guten und wichtigen Beitrag.
Obwohl Naturerfahrungen auch in den Lehrplänen der Schulen fest verankert sind, kommen auch dort die Begegnungen mit der Natur meist viel zu kurz. Ich habe nicht selten Grundschulkinder erlebt, die Schnecken und Käfer nur aus dem Fernsehen kannten.
Als Grundschullehrerin habe ich mich daher entschlossen, eine mobile Naturschule ins Leben zu rufen, die Kindern Naturerfahrungen mit allen Sinnen direkt vor ihrer Haustür ermöglicht. Wer Interesse hat, kann auf meiner Homepage weitere Informationen finden: http://mona-online.com/
Hi Lisa,
alles richtig, doch unterscheiden sich die Vorstellungen der Kinder oft ziemlich von den Vorstellungen, die vorbildliche Eltern für ihre Kinder entwickeln. Kinder wollen oft einfach nur dazugehören, eben das machen und haben, was andere Kinder machen und haben. Das sind meistens leider all diese Sachen mit Bildschirm und Tasten dran, Chips essen, abhängen …. Wir haben alles versucht! Vergeblich. Funktioniert vermutlich nur, wenn man isoliert lebt.
LGS
Lieber Siegfried Meyer,
das denke ich eben nicht. Die Vorbildfunktion der Eltern spielt da sicher eine große Rolle. Wenn ich mich selbst für die Natur begeistere und selbst noch gerne herummatsche und bei Rollenspielen mitspiele und Geschichten erfinde, dann steckt das meine Kinder an!
Eine Bekannte jammert, das ihre Kinder nicht raus in die Natur wollen und nur daheim vor der Glotze sitzen – sie selbst würde man nie einfach mal zu einem Spaziergang rausbekommen. Warum sollten es dann ihre Kinder tun????
Bei unserem „Großen“ (4) ist es sogar so, dass er enttäuscht wiederheimkommt, wenn bei den Nachbarskindern der TV läuft. Er kann damit (noch?) nichts anfangen. Er findet es schlimm, dass sie nicht spielen. So sagt er es. (TV ist dort tatsächlich von 7 früh bis 22 abends an) Mittlerweile hat er von sich aus den Kontakt zu ihnen eingestellt.
Wir gehen sehr viel mit unseren Kindern raus und stoppen sie nicht ständig durch Verbote. Sie sollen Vorsicht lernen können / dürfen.
Mittlerweile spielen die Jungs (2 und 4) Kinderbücher nach, gehen an einem kleinen Wasserrückhaltebecken in der Nähe „angeln“, schleppen von jedem Waldbesuch Stämme an und bauen daraus Dinge.
Unsere „Kinderküche“ ist eine umgekehrte Holzkiste mit 2 dunklen gefilzten Scheiben. Diese sind nicht festgemacht und können z. B. auch als Pfannkuchen dienen (der Kleine liebt „Petterson und Findus“, bei denen eine Pfannkuchentorte gebacken wird).
Wir haben selbst aus Ästen Bausteine gemacht. Ich habe Puppen genäht.
Statt die Kinder vor TV oder Videospielen zu parken, nehmen wir uns Zeit für sie, singen gemeinsam, spielen und schauen Bilderbücher an.
Ich denke nicht, dass sie momentan etwas vermissen. Im Gegenteil. Unsere Kids haben ihren Spaß und wissen sich zu helfen bevors langweilig wird. Während wir bei Bekanntenbesuch das ständige Nölen hören müssen „Mir ist langweilig.“ „Ich will nicht laufen“ „Ich will mehrmehrmehr.“ (Thema Wohlstandsverwahrlosung).
Kommt der Zeitpunkt, an dem sie von sich aus sagen, sie wollen auch TV sehen. Dann bitte. Dann schieben wir keinen Riegel vor. Wir werden sie aber definitiv nicht dazu erziehen, wie es ein Verwandter macht („dann habe ich endlich einmal Ruhe. Ich verstehe nicht, warum sie nur 5 min schauen will und sich dann abwendet.“ gesprochen hat er von seiner Tochter, die damals noch nicht einmal 2 Jahre alt war. Sachen gibt’s…)
liebe lisa,
muss dir einfach erzählen wie es uns ergeht…
ich habe die mittlere variante gewählt, solange wir hier in der stadt wohnen…. wir haben bei unserer wohnung nen kleinen garten dabei (leider schrumpft der spielraum meiner kleinen erheblich durch meine selbst-teilweise-versogungs-versuche). wir haben auch keinen fernseher und keine konsolen etc… und die geschenkten spielsachen bringe ich 2x im jahr zur caritas (vor allem die elektronischen- pfui)…
aber wir haben das grosse glück, in unserer nähe einen privaten kindergarten am bio-bauernhof zu haben. diese leute machen ALLES mit den kindern (sähen, ernten, pferde reiten,…) und haben eine ganze scheune ausgeräumt und mit stroh ausgelegt, damit die kinder auch bei regenwetter draussen sein können!! und drinnen im gemeinschaftsraum gibts fast kein spielzeug (ausser ein paar, decken, n schaukelpferd und n par bausteine)… WUNDERBAR!
obwohl wir in der stadt wohnen, kommt meine kleine täglich vom kindergarten dreckig wie ein bergwerkarbeiter nach hause und erzählt mir, dass sie kleine käfer an der paprikapflanze mit knoblauch ansprühen durfte… "es sind zwar nicht alle weggegangen aber dann kommt der marienkäfer und mampft den rest weg… damit wir wieder eine gesunde jause essen können!" da geht mamas naturliebendes herz auf!
und somit habe ich das beste aus unserem stadtleben gemacht.
lange rede kurzer sinn: ich hoffe, auf diese idee kommen mehr leute um unseren kindern das wichtigste auf den weg mitzugeben.
liebste grüsse aus öo
janis und die kleine
Danke für diesen Artikel!
ich selbst bin mit meiner Tochter vor 2 jahren von wien nach NÖ gezogen um ihr genau das zu ermöglichen: Gaaatsch, Tiere, Blumen, ihr eigenes Gemüsebeet ;) und noch allerhand mehr. Sie liebt es Spinnen zu beobachten und freut sich über jeden Regenwurm, weil "sie so gut für die erde sind"
Dennoch stellt sich für uns auch die Frage der weiteren sozialisation…in Gemeinschaft leben ist da sicher ein Vorteil..und auch für uns erstrebenswert in naher Zukunft.
Kindergärten und Schule sind für uns kein Thema.
Ich denke ihr habt die besten Voraussetzungen Kindern ein wunderbares Wachsen und Lernen zu ermöglichen.
Viel Spass dabei ;)
Schön zu hören das auch ander Wiener den Weg gehen. Wir haben ende 2012 Wien verlassen und sind ins Weinviertel gezogen. Egal was kommt zurück nach Wien gehen wir sicher nicht. Unser Tochter am 1 August das licht der Welt erblickt und hat somit das Leben noch vor sich.
Aber wir sind den Weg gegangen um Ihr ein Leben in der Natur zu geben und nicht ein Leben mit Pc Spielen und Fernseher(den wir sowiso nicht haben) .
Bin gerade über den Titel RETTET DIE KINDHEIT auf den Artikel gestoßen. Sehr spannend nicht nur das Thema, sondern gerade das Selbstversorger-Projekt. Ich werde mich hier mal umsehen.
Aber das Thema ist gerade auch Title der aktuellen DIE ZEIT. Und aus meiner Sicht ist das ein zentrales Thema!
Hallo Lisa, hallo Michael,
also erstmal meinen Glückwunsch und Respekt für diese tolle Seite, und dass Ihr Euch wirklich ranhaltet, Eure Ziele, Träume und Wünsche zu verwirklichen. DAS ist nämlich für die meisten das größte Hindernis: Einfach mal zu machen. Oft hindert eine irrationale Angst vor möglichen Verlusten und Opfern die Menschen daran, wirklich eine klare Veränderung in ihrem Leben vorzunehmen. Ich weiß, dass diese Angst vollkommen unnötig ist und schaffe es trotzdem nicht, meine Ziele adhoc umzusetzen. ? Ich frag mich wirklich, woran das liegt,….?
Aber genau hier setzt auch eine Erklärung für das von Lisa beschriebene Phänomen an. Ich habe auch den GEO Artikel neulich gelesen (da war ich noch nicht Vater) und musste an so manche Kinder in unserem Umfeld denken…es ist einfach nur traurig. Tatsächlich dürfte aber auch eben diese irrationale Angst vor irrationalen Gefahren der Grund für diese Entwicklung sein und das einzige, um dagegen etwas zu tun, ist vermutlich wirklich seine Kinder so früh wie möglich raus zu scheuchen. Der schönste Spielplatz ist die Natur. Nun gibt es natürlich viele Familien in Großstädten, wo es keinen Raum für Kinder gibt und schon kaum Natur…Was ich jenen Eltern empfehlen soll…ich weiß es nicht…vielleicht: UMZIEHEN! Verlasst, wenn Ihr könnt diese Gegenden! Ich selbst bin in Berlin, aber in einem Randbezirk, groß geworden! Wir hatten den Forst vor der Tür, mehrere Abenteuerspielplätze und je nach Alter durfen wir draußen bleiben, bis die Straßenlaternen angingen. Ich bezweifel, dass die Gefahren damals größer waren als heute.
Nun, mittlerweile bin ich frisch gebackener Vater und ich muss eingestehen, nach der Geburt eines Kindes passiert in einem etwas, was man sich nicht hat vorstellen können. Und gerade auch mit diesem Artikel von Lisa fällt mir wieder ein, dass ich nicht angstgesteuert leben will und diese Einstellung auch an mein Kind weitergeben möchte. Ich hoffe ich finde die Kraft mein Kind – das immerhin ein kleiner Mensch ist – loszulassen und die Natur entdecken zu lassen. Sicher, ich werde noch eine lange Zeit mein Kind bei den Entdeckungen begleiten, aber es wird der Tag kommen, wo ich das Kind mit Freunden in den Wald zum Spielen schicke und ich keine Ahnung habe, wo genau sie stecken…und das wäre auch gut so!
Ach ja und zur Frage von Lisa, wie das wohl für Kinder sein muss auf so einem Hof. … ich denke alles hat seine Vor- und Nachteile. Wir haben Freunde, die auf den Azoren Ihr Glück versucht haben. Die zwei merkten bald, wie wichtig andere Kinder für die eigenen Kinder sind. Sozialisierung findet halt in der Gemeinschaft statt. Es ist also gar nicht der Ort, bzw. die abgeschiedene, einfache Lebensweise, die dem Kind evtl. nicht bekommen könnte. Solange andere Kinder in der Nähe sind spielt das keine Rolle. Und solange die Kinder untereinander und gemeinsam mit Phantasie und Spaß die Welt entdecken dürfen, sind sie sicher besser dran und leben in einem glücklicheren Umfeld, als die Stadtkinder, die sich nur zu Hause auf engstem Raum bewegen dürfen.
Ich wünsche Euch beiden viel Erfolg beim weiteren Verlauf Eures Projekts. Meine Frau und ich hinken der Selbstversorgung noch weit hinterher – aber wir sammeln unsere erste Erfahrungen in einem Stadtgarten (allerdings hat uns der Umbau der Laube um mindestens 2 Jahre zurückgeworfen…aber das sind auch interessante Erfahrungen). Fast alle Eure Träume sind auch unsere Träume und ich glaube durch Verzicht und Reduzierung kann man sich diesen Träumen schneller nähern als durch Sparen von Geld, um sich die Dinge zu finanzieren. Ohje, ich muss noch sehr viel reduzieren und es fällt mir so schwer…tja die liebe Prägung.
Danke für eure zahlreichen interessanten Beiträge, Gedanken und Link Tipps. Gleichzeitig sorry, dass ich nur so sporadisch darauf eingehe. So gern ich zur Zeit mehr auf eure Gedanken antworten würde, umso lieber genieße ich im Moment die wenigen freien Minuten, die ich nicht sitzend (vor dem Bildschirm) verbringen muss. Aber den meisten muss ich wohl eh nichts von Stress erzählen.
Zurück zum Thema: Man muss bestimmt immer einen Mittelweg finden, zwischen Vorsicht und loslassen. Ich verstehe auch alle Bedenken und weiß auch jetzt schon, dass ich sicher auch mal nicht aus meiner (ängstlichen) Haut raus kann, sollten wir selbst man Kinder haben. Natürlich will niemand, dass sich ein Kind verletzt. Aber wie ihr auch schon richtig erkannt habt, gibt es ja nicht nur schwarz und weiß, also nicht nur "überbehütet" oder "fahrlässig". Und ab einem gewissen Alter, kann man dann auch mal ein bisschen loslassen und die Kinder machen lassen, solange man weiß, wo sie sind.
Zur Zeit mache ich ein Praktikum mit einem Waldpädagogen und da sehe ich ständig Kinder fliegen. So schnell kann man gar nicht schauen, liegt so ein kleiner Knirps auf dem Gesicht. Zwar nicht schön und es gibt auch oft Tränen, aber ich finde das so wichtig. Wo sonst soll man Laufen am Gelände lernen, als auf dem Gelände selbst. Und dann gerne auch mit allen Sinnen – auch wenn's dann vielleicht mal ein bissl weh tut. Es ist ja auch schön, tränenüberströmt und seufzend geknuddelt und getröstet zu werden, wenn wir ehrlich sind :D
Hallo Julia,
ich hab jetzt mal das Video angesehen, dass Du uns in den Kommentaren verlinkt hast – wirklich sein sehr spannender Vortrag. :)
im aktuellen "schrot und korn" (magazin dass in den bioläden aufliegt) ist ganz hinten ein artikel, der genau diese thematik anspricht – wir "verblöden" die kindern indem wir ihnen nichts zutrauen, ständig überbesorgt sind usw. so machen wir patscherte menschen aus ihnen.
hi,
dazu ganz interessant finde ich vor allem auch den blick auf die stadt wien:
die wichtigste zone für kinder ist alles was sie im umkreis von 50m erreichen. das sind in wien mit wenigen ausnahmen straßen – straßen, die meistens als reiner verkehrsraum und parkplatz gestaltet sind. selbst wohnstraßen sind meist nichts anderes als ein verkehrsberuhigter parkplatz mit ein paar blumentöpfen. das resultat ist: direkt vor unserer haustür beginnt ein reiner verkehrsraum – kein lebensraum. platz für kinder ist da keiner.
eine nette initiative, die sich's zum ziel macht die straßen etwas zurück zu erobern, hat sich im achten zusammengefunden. in einem katalog diskutieren sie maßnahmen „von der autogerechten zur menschengerechten Stadt“.
leider gibt es sowas bisher nur im 8. bezirk :(
soiche traumfänger hob i früher a bastelt:D
hallo ihr zwei,
kleiner lese-tipp für euch – falls ihr es nicht schon zu hause habt:
im letzten greenpeace-mag (1/2011) gabs einen ausführlichen artikel genau zu diesem thema.
falls ihr es nicht habt und euch interessiert, scanne ich euch das ein und maile es euch.
grüße
daniel
Auch die Philosophen haben sich in den letzten hundert Jahren mehr und mehr zu diesem Thema ihre Gedanken gemacht. Während Dieter Birnbacher in seinem hervorragenden Buch "Natürlichkeit" – nebenbei- darauf hinweist, dass wir hier wohl nicht zuletzt unsere eigene Kindheit verklären, sprich: Weil wir Kindheitsnostalgie mit Natur-Matscherfahrung vermischen, glauben wir, dass diese Matscherfahrung ganz essentiell sei, hält der Philosoph Andreas Weber es für eine "zivilisatorische Katastrophe", wenn die Kinder immer weniger draußen herumstrolchen.
Zweiterer schrieb einen nette Text für Geo zum Thema: http://www.geo.de/GEO/mensch/64781.html
also ich besaß ein barbiehaus (handgemacht) und habe viel barbie gespielt, trotzdem ist eine feministin aus mir geworden die den diversen schönheitsidealen wenig abgewinnen kann – okay, sie sind ein supersuper studienobjekt ;)!! – aber meine glücklichsten momente hatte ich auf wiesen, im wald, im sogenannten dreck und mit selbstgemachtem spielzeug usw.
das kind, das eine sprechende puppe so liebt wie das andere den dreckigen alten teddybären möchte ich gern kennenlernen – es wird keins geben. deine ideen, lisa, finde ich sehr gut. ich glaube nur – die kinder retten sich meistens eh selber, die sind ziemlich clever. liebe grüsse
Als zweifache Mutter kann ich dem nur zustimmen, allein die Anmerkung, daß ich auch hier in der Realität schnell weggekommen bin von einem dogmatischen Anspruch, meine Kinder "naturnah" aufwachsen zu lassen. Sie matschen rum (ab und an gibt es Tage, da haben wir Termine oder andere Vorhaben, dann ernte ich manchmal auch mißbilligende Blicke von anderen Müttern, die meinen, Matschen solle immer erlaubt sein – dafür gibt es an anderen Tagen wiederum mißbilligende Blicke von anderen Müttern, die meinen, Kinder sollten sich nicht schmutzig machen ;-)), sie sammeln Gräser und balancieren auf Baumstämmen bzw. klettern auf Bäume. Und doch leben wir momentan so, daß ich zumindest die Kleine (2 Jahre alt) nicht unbeaufsichtigt rauslassen kann. Da kann ich mich nonstop drüber grämen oder es erst mal als gegeben hinnehmen um zu versuchen, mittelfristig was an dieser Situation zu verändern. Was ich im Bekanntenkreis immer mal wieder erfahren habe: gesellschaftlich weitestgehend isoliert aufzuwachsen (weil die Eltern z.B. irgendeiner Religion anhängen, die das nahelegt oder als überzeugte Rohköstler ihr Kind nicht mit anderen, die Eis oder Pizza essen, zusammenbringen wollen, weil all das einen schädlichen Einfluß haben könnte) nutzt keinem Kind. Wohl aber ein Umfeld, was ihnen Sicherheit bietet und gleichzeitig Raum gibt (und da stoßen Eltern – auch ich – tagtäglich an ihre Grenzen beim Versuch dieses Balanceakts). Und weil dieser Satz eh in jedem zweiten Elterheft und jedem Erziehungsratgeber steht, beende ich meinen Kommentar hiermit. ;-)
hi lisa,
von andreas weber habe ich vor einigen wochen erst einen artikel in der GEO gelesen. es ist traurig aber vielfach realität, was er beschreibt. was bei kindern anfängt, setzt sich bei erwachsenen fort. ich ernte auf der uni immer ungläubige blicke, wenn ich bei regen mit dem rad auf die uni fahre. meist werde ich dann gefragt, ob ich nah bei der uni wohne und wenn ich dann sage, dass ich 45min bis hierhin brauche, ernte ich einen zweiten ungläubigen blick.
ich finde es auch immer wieder traurig, wenn ich sehe, wie in wien soviele kinder von ihren eltern mit dem auto bis zur schultür kutschiert werden und wieder abgeholt werden. diese kinder müssen sich ja überhaupt nicht mehr bewegen! wie sollen sie da sich selbst und die welt erfahren, wenn sie von einem (sitz)platz zum nächsten eskortiert werden?
viele eltern haben halt angst, dass ihren kindern etwas passiert. aber wenn ich daran denke, wie oft ich mir als kind wehgetan hab, blaue flecken, schürfwunden und platzwunden (die sogar genäht werden musste) geholt hab, weil ich irgendwo dagegen gekracht oder runtergefallen bin- ich hab auch alles überlebt.
lg, julia
Viele Eltern haben nicht Angst, dass ihre Kinder auf dem Schulweg Schürfwunden bekommen, sondern vielmehr von Männern verschleppt und vergewaltigt werden. Kommt ja leider relativ oft vor.
Mich erstaunt es aber auch, dass man überall und auch den noch so kleinsten Weg mit dem Auto fahren muss, anstatt zu laufen oder mit dem Rad zu fahren.
wow. für mich kommt da spannendes und auch erschreckendes zusammen. ich hab selber ein 14jähriges kind und auch sonst immer wieder mit kindern zu tun. auch solchen auf einfachen bauernhöfen :)
ich finde das reglementierende immer ein bissel erschreckend. "kinder in den matsch stossen !" – na sicher nicht. wenn matsch da ist und sie rein wollen und es grad passt dann gehen sie eh rein. und wenn keiner da ist und ich total müde und das kind will fernsehen und ich kann dafür eine stunde länger schlafen: auch ok, wenn das ned jeden tag vorkommt.
wichtig ist, was ich für mich will und wichtig finde und das kind das mitkriegt und ich ihm möglichkeiten gebe, da auch mitzumachen. natur, reisen, kochen, basteln. und eben auch computer und Xbox und handy. mein kind soll in meiner lebenswelt kritisch aufwachsen und lernen mich, sich und auch die welt anzunehmen und auch zu hinterfragen.
mein sohn hat keinen fernseher (gibt keinen bei uns) aber sehr wohl ein handy und einen computer. am computer gibts ein kinderschutzprogramm damit er ned mehr als 90min am tag darauf video-schauen kann und computerspielen, aber er schaffts immer wieder das auszuhebeln :) dann ist es ok. und vor 10 jahren hätt ich mir gedacht : 90min computer am tag. never ever.
viel wichtiger für mich ist, dass er lernt im haushalt mitzuhelfen und immer wieder auch mal raus geht. da gibts auch manchmal zwang dann von meiner seite. und massiven widerstand dagegen von seiner seite :) und widerstand lernen ist auch gut.
Da wir selbst einen großen Bauernhof haben, wachsen unsere drei Kinder praktisch in der "Wildnis" auf :-). Klar wird bei uns auch mal ferngesehen oder Computer gespielt, aber das ist bei uns zeitlich sehr beschränkt, bei schönem Wetter ganz verboten. Ganz klar hab ich festgestellt: je schmutziger die Kinder beim Spielen werden, desto lustiger…und: aus Langeweile entstehen die besten Spielideen. Sicher, wir haben den Vorteil am Land zu leben, einen Bauernhof unser Eigen nennen zu können, und die Kinder können einfach raus. Die Freunde unserer Kinder wollen immer zu uns kommen, mittlerweile sind auch die Geschwister der Freunde immer unsere Gäste, weil sie immer so neidig waren, wenn sie selbst keinen Freund mit Bauernhof hatten :-).
Spannendes Thema! Ich bin absolut dafür, Kinder in den Matsch zu stoßen! (Hihi) Umwelt/Erlebnis/Waldpädagogik bietet super Möglichkeiten, einen Einstiegspunkt für die Kinder zu bieten, vor allem im urbanen Raum. Brauch ich dir ja nicht zu erzählen! ;)
Ich find die angesprochene Kreativität aber auch unglaublich wichtig, und das geht eigentlich nur, wenn die Kinder alleine in den Wald (oder sonstwo) und z.B. Hütten bauen können. Ich weiß allerdings nicht, wie ich das z.B. in Wien machen würde, denn teilweise ist der nächste Wald doch sehr weit weg und im Park gibt es dann wieder nur geordnete Natur und vorgegebene Spiele.
Andererseits find ich nicht, dass man sich dem modernen Spielzeug völlig verwehren soll. Videospiele als eine Möglichkeit von vielen (Büchern, Gesellschaftsspiele, Puzzels, Stühle und Decken usw) an Regentagen finde ich ganz OK. Den Umgang mit solchen Medien gehört heute auch zum Kindsein dazu, aber Babysitter sollte die Playstation dennoch nicht sein! Ich denke, der Mix macht's. Wobei ich denke, dass Gatsch die meiste Zeit eh interessanter ist als das Videospiel! ;-)
Hallo Joël!
Da geb ich Dir völlig recht. Komplett verbieten würd ich es Kindern auch nicht. Bekanntlich ist verbotenes besonders reizvoll :) Regulieren würd ich's trotzdem (und vor allem würd ich es ihnen nicht kaufen, ich bin so froh, dass meine Eltern mir trotz betteln nie einen Gameboy gekauft haben). Und wie Du schon sagtest, Matsch (oder was anderes) ist eh viel interessanter – zumindest wenn Kinder von Beginn an etwas damit anzufangen wissen.