Dieses Buch ist nicht brandneu, auch wenn wir meist versuchen, neue Bücher vorzustellen. Aber um so manches Standard-Werk kommen wir nicht herum und manch ein Buch kommt uns eben erst irgendwann in die Hände. Wir haben ja nicht ständig Zeit, den Buchmarkt zu beobachten. ;) Und das Buch, das ich euch heute mehr als gerne näher bringen möchte, ist ein Jahr alt und erst bei meinem Interview von Ökonomieprofessor Niko Paech vor ein paar Wochen in meinen Bewusstseinsradius gekommen.
Das Buch heißt Befreiung vom Überfluss und ist im oekom-Verlag erschienen. Es behandelt das Konzept der Postwachstumsökonomie, also den Zukunftsentwurf, den der Autor Niko Paech maßgeblich mitprägt und vorwärts bringt. Als Postwachstumsökonomie wird eine Wirtschaft bezeichnet, die ohne Wachstum des Bruttoinlandsprodukts über stabile, wenngleich mit einem vergleichsweise reduzierten Konsumniveau einhergehende Versorgungsstrukturen verfügt.
Von Illusionen und Mythen rund um die Wirtschaft
Ich habe manchmal das Gefühl, dass viele der Bücher, die wichtige Themen ansprechen, wie wir zukünftig leben sollten, einen negativen Beigeschmack haben. Denn man kommt nicht daran vorbei, anzusprechen, warum ein Wandel unserer Lebens- und Wirtschaftsweise nicht nur sehr viel Freude macht, sondern auch notwendig ist. Und da geht es eben dann um die Schattenseiten unserer konsumorientierten Gesellschaft und ihrer dadurch erschaffenen Wirtschaft.
Niko Paech zählt hier aber nicht mit erhobenem Zeigefinger all die schlimmen Folgen des Überkonsums auf, sondern geht im ersten Teil des Buches darauf ein, welche Illusionen und Mythen überhaupt dazu führen, dass wir glauben, dass es anders nicht geht wie heute – und das dies eh gerechtfertigt und erarbeitet ist. Es geht um das vermeintliche Menschenrecht, über den eigenen Verhältnissen zu leben. Über die Illusionen, die wir uns bezogen auf die Marktwirtschaft bei „Fortschritt“ und „Freiheit“ machen. Und um die Mythen der „Green Economy“, einer grünen, nachhaltigen Wirtschaft, die klimaneutral sein soll. Und er begründet dies ökonomisch klug und geht auf die existierenden Argumente ein – und widerlegt sie.
Eine andere Welt ist möglich
Bei der Postwachstumsökonomie, so wie sie Niko Paech dann im zweiten Teil des Buches als Lösung vorstellt, handelt es sich um eine Wachstumskritik jenseits von Romantik und moralisch aufgeladener Sonntagspredigt, sondern um die Herausarbeitung von wissenschaftlich fundierten Schritten, um zu mehr Glück und Zukunftssicherheit für alle zu kommen.
Er stellt die Wege vor und begründet sie treffend. Diese Wege lassen sich grob in fünf Bereiche zusammenfassen:
- Suffizienz; zum Beispiel CarSharing oder Genügsamkeit
- Subsistenz; zum Beispiel Eigenproduktion von Lebensmitteln oder das Reparieren von kaputten Geräten
- Regionale Ökonomie; zum Beispiel Regionalwährungen oder Community Supported Agriculture (CSA)
- Gloable Arbeitsteilung; aber reformiert, so dass es zum Beispiel Umgestaltungen statt Neuproduktion gibt oder langlebige Produkte geschaffen werden
- Politik; die zum Beispiel durch Boden- oder Geldreformen die anderen Bereiche unterstützt
Fazit
Das Thema das Buches ist eines, das mich seit vielen Jahren begleitet. Die Ideen hinter der Postwachstumsökonomie dienten mir schon bevor ich diesen Namen kannte als Richtungsgeber, hin zu einem selbstbestimmten und friedlichen – und daher zufriedenen Leben. Das Buch beschäftigt sich also mit einem wichtigen Teil der Denkwelt, die Lisa und mich unter anderem zu unserem Experiment Selbstversorgung geführt hat. Alleine deswegen hab ich das Gefühl, dass sich alle kritischen Menschen damit auseinandersetzen sollten.
Das vorliegende Buch, Befreiung vom Überfluss, geht das Thema sehr fundiert an. Es geht in die Tiefe, was theoretische Überlegungen angeht und konfrontiert die Lesenden immer wieder mit Fachbegriffen – die zu kennen aber eh nicht schadet. Das Buch ist aber bei all seiner Wissenschaftlichkeit aber nicht trocken geschrieben. Ein Buch, das konzentriert gelesen, bearbeitet und durchdacht werden will. Das einem dann aber ein sehr gutes und breites, grundlegendes Verständnis davon gibt, warum unsere Wirtschaft so nicht weitergehen kann und wie die Alternative aussehen wird. „By design or by desaster“, wie es Niko Paech an einer Stelle im Buch schreibt.
Befreiung vom Überfluss – Auf dem Weg in die Postwachstumsökonomie
IIn 2013 habe ich einen Artikel in der Zeitung gelesen, der mich bestätigt hat, in allem, was ich hier auf meinem kleinen Hof in Norddeutschland seit 5 Jahren versuche zu etablieren. Er stammte von Nico Paech, veröffentlicht u.a. in der Niederelbe Zeitung. Für mich war es „Das Einrennen eines offenen Tores“, eine quasi wissenschaftliche Bestätigung der Nachhaltigkeit. Gegen alle Widerstände der eigenen Familie, von Freunden, Bekannten bis letztlich zum Staat, in ausführender Funktion der unerbittlichen Kreisverwaltung Cuxhaven, gegen deren diverse umweltschädliche und tierquälerische Anordnungen ich mich seit drei Jahren verzweifelt wehre.
Diese Woche hat mein Mann Eure Website gefunden. Seit einem Monat (+/-) veröffentliche ich in einem Blog meine Negativerfahrungen mit der deutschen Verwaltung. Sehr zeitaufwendig, da ich alles allein verfasse.
Bitte die nachfolgende Formulierung nicht übel nehmen und auf keinen Fall aufhören, mit dem, was ihr leistet, es ist begeisterungsfähig. Meines Erachtens nach ist eine Änderung der Gesellschaft und des anhängigen politischen Systems durch Einzelereignisse trotzdem nicht realisierbar. Auch nicht auf Druck des vielbeschworenen Verbrauchers, Konsumenten oder Marktes, also der Summe der positiven Einzelereignisse. Das ist eine Illusion und Lüge zugunsten der Produzenten, die in die Verantwortung genommen werden müssten – ich mag diesen nutzlosen Konjunktivus Irrealis nicht. Es Produzent verdient mit dem Leid der Menschen, der Tiere, der Zerstörung der Umwelt, letztlich ohne jemals die Verantwortung dafür tragen zu müssen, das erledigt der Konsument.
Es interessiert diese skrupellosen Menschen nicht, ob 10, 1.000 oder 50.000.000 Menschen dafür oder dagegen stimmen, wir leben nicht in einer Demokratie. Wer genug Geld hat, bestimmt, welche Gesetze durchgeführt werden und mit welchen Mitteln. Gerichte können nur von Reichen gebucht werden, VorabGerichtskosten und Anwaltszwang sprechen eine eigene Sprache. Freiheit und Demokratie sind definitiv keine Erfindung der Deutschen, sie stehen nur zum Schein in der Verfassung. Solange noch nicht einmal die bestehende Gesetzgebung umgesetzt wird, gibt es wenig Hoffnung auf Änderung, wenigstens im unfreien, obrigkeitshörigen Deutschland. Wichtige Fakten werden zugunsten von Industrie und Wirtschaft unter den Teppich gekehrt und eine zerstörerische Gesetzgebung über die Ämter mit Zwangsmassnahmen implementiert und mit Doppelmoral durchgesetzt. Wissenschaftliche Fakten werden in keiner Weise berücksichtigt – weder vom Amt noch vom Gesetz oder vor Gericht. Deutschland ist führend in der EU? Besser nicht.
Die einzige Hoffnung ist, dass niemand vom Geld leben kann. Vermutlich wird diese Erkenntnis erst im Katastrophenfall bei den deutschen Behörden eingehen und dann noch bewiesen werden müssen – Skelett Montag, Skelette Dienstag usw.?
Ein wenig deprimiert, hoffentlich ist die Verwaltung in Österreich sinnvoller aufgestellt und nicht wie in Deutschland nur wirtschaftlich orientiert und gesetzlich abgesichert – ohne Wahlmöglichkeiten für das Bürger.
Regina